ÖV-ergänzende Fahrdienste für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen
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Erstellt am 07.02.2024
Viele Menschen mit Mobilitätseinschränkungen können den öffentlichen Verkehr nicht oder nur beschränkt nutzen. Um dennoch am öffentlichen Leben teilzuhaben, sind die Betroffenen auf ÖV ergänzende Fahrdienste angewiesen. Das Angebot ist für die Betroffenen jedoch oft begrenzt und teuer. Eine kürzlich publizierte Studie der ZHAW untersuchte, wie die Betroffenen diese
Einschränkungen erleben. Dazu wurden Gruppendiskussionen sowie eine quantitative Befragung von Betroffenen in allen Landesteilen der Schweiz durchgeführt. Ausserdem erstellte das Forschungsteam eine Übersicht über die gesetzlichen Grundlagen der ÖV-ergänzenden Mobilität in der Schweiz. Diese Analyse ergab, dass die Verortung ÖV-ergänzender Fahrdienste unklar ist und daher die Zuständigkeit von Bund und Kantonen nicht eindeutig ist. Insbesondere sind ÖV-ergänzende Fahrdienste nicht im Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) abgebildet. Deshalb schlagen die Autor:innen der Studie vor, den ÖV-ergänzenden Fahrdienst für Menschen mit Behinderung in den Geltungsbereich des BehiG aufzunehmen, sie in geeigneter Form in den ÖV einzubinden und die Angebote schweizweit zu koordinieren.
Bis solche Verbesserungen auf nationaler Ebene Realität werden, sind Menschen mit Mobilitätseinschränkungen auf lokale Initiativen angewiesen, die oft auch auf ehrenamtlichem Engagement basieren. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist das Angebot FahrFlex in Horw (LU). 2021 starteten das
Alterszentrum Kirchfeld, die Spitex Horw und die Tagesstätte Pilatusblick mit Unterstützung des Beratungsunternehmens Trafiko ein gemeinsames Pilotprojekt, um den Transport von Menschen, die dauerhaft oder vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, gemeinsam zu organisieren. Bisher disponierte jede Organisation separat per Telefon, mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Fahrpersonal den Fahrdienst. Mit FahrFlex werden Fahrten – beispielsweise zum Arzt – effizienter und unter Nutzung digitaler Hilfsmittel angeboten. Das Angebot konnte inzwischen Betriebsmodus überführt werden und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Anzahl Fahrten pro Jahr konnte seit 2021 kontinuierlich gesteigert werden, im 2023 waren es gut 3600 Fahrten. Heute engagieren sich rund 20 freiwillige Fahrer:innen im Verein. Sie fahren teils mit Privatfahrzeugen, für Rollstuhltransporte besitzt der Verein drei Fahrzeuge, wovon zwei einen Elektroantrieb haben. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, wird derzeit per Crowdfunding Geld gesammelt für ein zusätzliches Rollstuhlauto.
Weitere Informationen
- Gleichberechtigte Mobilität dank ÖV-ergänzender Fahrdienste? Informationen zum ZHAW-Forschungsprojekt
- FahrFlex: Der flexible Gesundheitsfahrdienst in Horw (LU)
- Kurzfilm zu FahrFlex
- Mobilservice News Dossier zur Anpassung von Bahnhöfen an die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität (Juli 2022)
- Mobilservice News Dossier zum VöV-Leitfaden zu barrierefreien Bushaltestellen (August 2019)
Dokumente auf Deutsch
- Schlussbericht ZHAW-Projekt "Gleichberechtige Mobilität dank ÖV-ergänzender Fahrdienste?" (E. Gantschnig et al. 2023) [PDF, 2.58 MB]
- Projektflyer zum Projekt "Mehr Gleichberechtigung bei der Mobilität dank Fahr-Diensten?" (ZHAW 2023) [PDF, 374.8 KB]
- Schlussbericht "FahrFlex. Flexibler Fahrdienst für Gesundheitsorganisationen" (Trafiko 2022) [PDF, 8.8 MB]
- Flyer "FahrFlex. Digitaler flexibler Gesundheitsfahrdienst" (2022) [PDF, 374.8 KB]
- FahrFlex - Viel mehr als ein reiner Fahrdienst (Artikel in Blickpunkt, Januar 2024) [PDF, 323.3 KB]
- Betriebsstatistik FahrFlex (Dezember 2023) [PDF, 901.9 KB]