Fussgänger-Leitsystem
Erstellt am 19.03.2004
Online Version: https://www.mobilservice.ch/de/35.html
Profil & Eckdaten
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Jährliche Betriebskosten
- gering (bis Fr. 5'000.-)
- mittel (bis Fr. 20'000.-)
Investitionskosten
- gering (bis Fr. 10'000.-)
- mittel (bis Fr. 50'000.-)
- hoch (ab Fr. 50'000.-)
Bemerkungen
Die Investitions- und Betriebskosten hängen stark davon ab, ob ein flächendeckendes Fussgänger-Leitsystem neu geschaffen wird oder ob, z.B. in kleineren Gemeinden, relativ einfache, punktuelle Verbesserungen für die Orientierung der Fussgänger angebracht werden.
Raumtyp
- Zentrum / Stadt
- Agglomeration
- Ländlich / Dorf
Gemeindegrösse
- < 5'000 Einwohner
- 5'000 - 10'000 Einwohner
- 10'000 - 20'000 Einwohner
- > 20'000 Einwohner
Ortsunkundige finden sich in Städten und grösseren Ortschaften oft nur ungenügend zurecht. Der Weg zu öffentlichen und kulturellen Institutionen, zu Schulen, Sportstätten, in Quartiere oder Naherholungsgebiete kann schnell einmal in einer Sackgasse oder mit einem unnötigen Umweg enden. Mit einem Leitsystem und Informationstafeln wird das Zufussgehen attraktiver, Orte werden aufgewertet und die soziale Sicherheit erhöht.
Beispiel Thun
Die Stadt Thun hat als eine von erst wenigen Schweizer Städten ein flächendeckendes, informatives und vielgestaltiges Fussgängerleitsystem in Betrieb genommen. Es soll insbesondere ortsunkundigen Besuchern die Orientierung in der Innenstadt erleichtern. An rund 50 Standorten wurden deshalb Richtungsweiser, Informationstafeln und weitere Orientierungspunkte errichtet. Während das über der Stadt thronende und gut sichtbare Schloss bisher von Touristen problemlos aufgefunden werden konnte, gilt dies nun auch für den "Chutzeturm" oder das Kunstmuseum. Ausgangspunkte für das signalisierte Fussgängernetz sind wichtige Drehscheiben der Mobilität wie der Bahnhof oder Parkhäuser sowie die historischen Eingangstore zur Thuner Innenstadt.
Beschreibung
Hintergrund
Wer als Ortsunkundiger in einer Stadt oder grösseren Ortschaft zu Fuss unterwegs ist, wird oftmals auf die Probe gestellt: Die Suche nach dem Museum, einem Geschäft, einer bestimmten Adresse oder der nächsten Bushaltestelle kann zum ärgerlichen Irrlauf werden, Wegweiser für den motorisierten Verkehr führen oft zu Umwegen und unattraktiven Strassen entlang, und allenfalls vorhandene Ortspläne sind für Zufussgehende oftmals zu unpräzis. Bisher befassen sich nur wenige Gemeinden systematisch mit attraktiven und direkten Wegverbindungen und Orientierungshilfen für Zufussgehende. Mit einem Fussgänger-Leitsystem schafft sich eine Gemeinde jedoch zufriedene Besucher, viel Goodwill und eine attraktive Visitenkarte. Eine einheitliche Signalisierung, wie sie das Bundesgesetz über die Fuss- und Wanderwege (FWG) für Fussgängerverbindungen fordert, ist bisher gesamtschweizerisch nicht umgesetzt worden.
Angebot
Ein Fussgänger-Leitsystem besteht grundsätzlich aus Wegweisungen, die Zufussgehende auf attraktiven und direkten Wegen zu wichtigen Zielorten führen. Ergänzt werden sie durch Orientierungspläne (Stadt- oder Quartierpläne), die im Detail über mögliche Verbindungen Auskunft geben. Die Leitsysteme können in Form von einfachen Wegweisern sehr schlicht ausgestaltet sein, sie können aber auch als aufwändiger gestaltete Stelen zu einem wichtigen und attraktiven Bestandteil des Stadtbildes werden. Bei der Konzeption für ein wirkungsvolles Leitsystem ist es ausserordentlich wichtig, dass die Zielorte hierarchisch gegliedert werden und diese auf dem gesamten Weg lückenlos angezeigt werden. Ebenso sollten nebst den Innenstädten auch Quartiere einbezogen werden, die Bedürfnisse Mobilitätsbehinderter (Treppen kennzeichnen, gut lesbare Schriften einsetzen, etc.) berücksichtigt sowie Entfernungen in Metern oder Minuten angegeben werden. Die Ziele sollten zudem so gewählt sein, dass sie nicht nur Auswärtige, sondern auch Einheimische ansprechen. Schliesslich müssen Fussgänger-Leitsysteme nicht nur zum Ziel führen, sondern auch wieder an den Ausgangspunkt zurück. Verbesserungen der Orientierung sind jedoch - insbesondere für kleinere Gemeinden - auch ohne umfassende Gesamtlösungen möglich, indem beispielsweise an wichtigen Orten Ortspläne und bei Haltestellen des öffentlichen Verkehrs Umgebungspläne installiert werden oder wo nötig Signale für den motorisierten Verkehr (z.B. Durchgängigkeit von Sackgassen für Zufussgehende) ergänzt werden.
Erfahrungen
Die Erfahrungen mit Orientierungshilfen für Zufussgehende sind bei gut durchdachten Gesamtlösungen positiv und weisen ein weit über die räumliche Information hinausgehendes Spektrum auf:
- Die Zufussgehenden schätzen es, zielgerichtet und ohne Unsicherheiten auf attraktiven Wegen an ihren Bestimmungsort zu gelangen.
- Fussgänger-Leitsysteme vermitteln Besuchern und Einheimischen das Gefühl, mit ihren Bedürfnissen ernst genommen zu werden und willkommen zu sein.
- Zielorte werden attraktiviert.
- Durch die Bündelung der Fussgängerbewegungen wird die soziale Sicherheit erhöht.
- Durch die Vermeidung verlassener und unwirtlicher Abschnitte wird die subjektive Sicherheit erhöht.
- Die Verkehrssicherheit wird erhöht, da im Wegnetz nur sichere Wege enthalten sind.
- Die Verkehrsmittelwahl wird zu Gunsten des Zufussgehens beeinflusst.
- Das Gewerbe in Ortszentren profitiert von mehr KundInnen.
- Eine Stadt oder Gemeinde schafft sich eine attraktive Visitenkarte, die im Ortsbild wiederholt präsent ist.
- In Städte-Ratings gelten Orte mit Fussgänger-Leitsystemen als fussgängerfreundlich und damit als attraktiv. Das Image des Ortes wird verbessert.
Wirkung
Umwelt und Energie
Klare Information und gute Orientierung beeinflussen die Verkehrsmittelwahl zu Gunsten des umweltfreundlichen Zufussgehens.
Gesellschaft
Sowohl die Verkehrssicherheit durch sichere Fusswege als auch die soziale Sicherheit durch die Bündelung der Fussgängerströme werden erhöht.
Wirtschaft
Für Gemeinden und Städte ist ein Fussgänger-Leitsystem sowohl ein attraktives touristisches Angebot als auch wirksamer Bestandteil des Standortmarketings. Lokales Gewerbe profitiert durch die Attraktivierung des Zufussgehens von mehr Kundschaft.
Werkzeuge
Vorgehen
Zur Zeit existieren keine gesamtschweizerisch gültigen Richtlinien zur einheitlichen Signalisation von Fussgängerverbindungen, wie dies die Verordnung zum Bundesgesetz über die Fuss- und Wanderwege (FWG) fordert. Im zuständigen Bundesamt für Strassen (ASTRA) besteht jedoch die Absicht, Richtlinien, Standards und Umsetzungshilfen zu erarbeiten, die Städte und Gemeinden bei der Realisierung von Leitsystemen unterstützen.
- Anstoss zur Realisierung eines Fussgänger-Leitsystems aus der Verwaltung, der Politik, von Organisationen, des Gewerbes, etc.
- Erarbeitung eines Konzeptes mit Kosten und Programm
- Finanzierungsentscheid durch die zuständige Behörde
- Ev. Suche nach weiteren Partnern / Sponsoren
- Erarbeitung eines Detailkonzeptes (Festlegung Standorte, Zielorte, Design, etc.)
- Realisierung
- Marketing
- Anfertigung eines Wegweisungskatasters
- Pflege und Unterhalt des Systems
- Ergänzungen des Systems nach Bedarf, finanziellen Mitteln, etc.
Finanzierung
Die Kosten für ein Fussgänger-Leitsystem tragen die Gemeinden. Potenziellen Sponsoren kann eine gute Auftrittsmöglichkeit geboten werden.
Marketing
Das Fussgänger-Leitsystem ist durch seine Präsenz im öffentlichen Raum per se ein leicht verständliches und wirksames Marketinginstrument. Das Angebot ist jedoch Anknüpfungspunkt für weitere Aktivitäten im Bereich eines als Langzeitaufgabe verstandenen Marketings. Geeignete und wirksame Kanäle und Instrumente sind die lokalen und regionalen Medien, die enge Zusammenarbeit mit regionalen Tourismusorganisationen und Transportunternehmen, regelmässige Informationen an alle Haushalte, Wettbewerbe, die Nutzung von Synergien mit Veranstaltungen in der Gemeinde sowie geführte Rundgänge für Auswärtige, Schulen, Seniorenvereine, etc.
Weitere Informationen
Weiterführende Links:
- Fussverkehr Schweiz: www.fussverkehr.ch
- Bundesamt für Strassen ASTRA, Fachbereich Langsamverkehr: www.langsamverkehr.ch
Weiterführende Literatur und Downloads:
- Fussverkehr Schweiz: Bessere Orientierung für den Fussverkehr (pdf). Artikel Fussverkehr 4/03
- Sven A. Blaser, 2000: Leit- und Informationssysteme für den Fussverkehr. Universität Trier.
Kontaktadressen und Bezugsquellen:
Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.
Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis-Beispiels:
Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern
Tel. 031 633 57 80
Dokumente auf Deutsch
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