Kurzbeispiel: On-Demand-Shuttle mybuxi im Kanton Bern
Erstellt am 09.02.2021
In kleineren Gemeinden und auf dem Land, da wo es die Siedlungsdichte nicht erlaubt, ein ähnlich dichtes ÖV-Netz auszubauen wie im urbanen Raum, existieren oft wenig Alternativen zum eigenen Auto. Ein Teil der Einwohner*innen des ländlichen Raums pendelt deshalb mit dem Auto in die Städte und Agglomerationen, tätigt ihre Einkäufe oder verbringt ihre Freizeit in den Innenstädten. Damit verfügen ländliche Räume nicht nur über weniger Mobilitätsoptionen, sondern tragen mit Zielverkehren in Städten und Agglomerationen auch zu Verkehrsbelastungen und einem hohen Flächenverbrauch für Parkplätze bei. Mit 36% hat der Verkehr zudem den grössten Anteil am Energieverbrauch der Schweiz, drei Viertel davon ist auf den motorisierten Individualverkehr zurückzuführen. Der Verkehr verursacht zudem ein Drittel des gesamten inländischen CO2-Ausstosses der Schweiz.
Einer nachhaltigen Mobilität kommt in der Energiewende und dem Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu. Der On-Demand-Shuttle mybuxi hat zum Ziel, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung zur Erfüllung ihrer Mobilitätsbedürfnisse nicht mehr ins Auto steigen muss, weil es mindestens ebenbürtige Alternativen gibt. Deshalb setzt mybuxi als ÖV-Ergänzung auf „Mobility on Demand“.
Online Version: https://www.mobilservice.ch/de/2490.html
Profil & Eckdaten
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Investitionskosten
- hoch (ab Fr. 50'000.-)
Jährliche Betriebskosten
- hoch (ab Fr. 20'000.-)
Gemeindegrösse
- < 5'000 Einwohner
- 5'000 - 10'000 Einwohner
- 10'000 - 20'000 Einwohner
Raumtyp
- Agglomeration
- Ländlich / Dorf
Beschreibung
Der On-Demand-Shuttle mybuxi ist eine neue Angebotsform zwischen Bus und Taxi für den ländlichen Raum und für Agglomerationen (v.a. Tangentialverkehre). Ein mybuxi fährt nicht nach einem starren Fahrplan, sondern wird flexibel per Smartphone in der mybuxi-App bestellt. Die Software von mybuxi bündelt die Fahrtenwünsche der Nutzer*innen innerhalb des dichten virtuellen Haltestellennetzes und berechnet die Route und Abholzeiten. Jedes mybuxi-Gebiet stützt sich auf mindestens einen guten ÖV-Zugangspunkt (meist ein Bahnhof oder eine Bushaltestelle mit mehreren Linien) und ergänzt diesen auf der ersten bzw. letzten Meile.
Das Projekt mybuxi wurde 2018 von der Kronawitter Innovations GmbH gestartet und ist seit April 2019 als Pilotbetrieb in Herzogenbuchsee und Niederönz im Kanton Bern erfolgreich im Einsatz. Mybuxi wird vom Innovationspartner Engagement Migros und EnergieSchweiz unterstützt. Mittlerweile konnte das On-Demand-Angebot auch auf die Region Emmental und auf die Gemeinden Ostermundigen, Stettlen und Bolligen (Agglomeration Bern) ausgeweitet werden.
Der Pilotbetrieb in den Gemeinden Herzogenbuchsee und Niederönz entstand in Zusammenarbeit mit dem Verein EBuxi. Der Verein EBuxi übernimmt dabei den Fahrdienst sowie die lokale Vermarktung. Das On-Demand-Angebot bedient ein Gebiet mit 8200 Einwohner*innen, rund 20% davon sind aktuell in der mybuxi-App registriert. Täglich nutzten rund 100 Personen (Stand vor Corona-Pandemie) oder seit Projektstart mehr als 36'500 Personen das EBuxi. Tagsüber sind die Nutzer*innen des EBuxi vor allem ältere Personen bspw. für Einkaufswege oder ins Altersheim, abends auch jüngere Personen auf dem Heimweg. So funktioniert das EBuxi:
- Fahrtenbuchung: Bestellungen werden direkt in der mybuxi-App getätigt, als Ergänzung für weniger Smartphone-affine Nutzer*innen auch per Telefon.
- Haltestellen: Jede Fahrt beginnt und endet an einer in der App gekennzeichneten, virtuellen mybuxi-Haltestelle. Weitere Haltestellen können von Unternehmen und Organisationen bestellt und gemietet werden.
- Betriebszeiten: täglich rund 18 Stunden von der ersten bis zur letzten ÖV-Verbindung.
- Fahrpreis: Eine Einzelfahrt kostet fünf Franken. Zudem können 10er-Fahrkarten oder ein Jahresabo direkt im Fahrzeug, an den Verkaufsstellen oder online erworben werden.
- Fahrer*innen: Der Verein EBuxi stellt nach dem Bürgerbusmodell die freiwilligen Fahrer*innen. Sie werden für eine Schicht mit 50 Franken entschädigt.
- Fahrzeuge: EBuxi ist mit zwei E-Minivans mit je sieben Plätzen unterwegs, die mit lokalem, erneuerbarem Strom geladen werden. Rollstühle können derzeit nicht transportiert werden.
Umsetzung
Der Aufbau und Betrieb eines neuen mybuxi-Gebiets erfolgt stets in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, Regionen (oder auch Naturpärken) und Kantonen sowie regionalen und nationalen Verkehrsbetrieben. Auch lokale Unternehmen, Gewerbevereine und weitere wichtige Institutionen werden in die Angebotsentwicklung einbezogen. Weil ein mybuxi ohne infrastrukturelle Anpassungen auskommt, kann ein Pilotbetrieb den Gemeinden auch als Messsystem für die Rentabilität allfälliger Buslinien oder zur Bewältigung starker, punktueller Nachfrageanstiege (z.B. durch Wohnbauten/Arealentwicklungen) dienen. Der Aufbauprozess sieht wie folgt aus:
- Interessierte Gemeinden, ÖV-Anbieter, Unternehmen, Privatpersonen melden sich bei mybuxi. Die örtliche Ausgangslage wird von mybuxi abgeklärt.
- mybuxi entwickelt mit der Gemeinde/Region ein angepasstes Angebotskonzept, je nach Ausgangslage auch in einem partizipativen Prozess.
- Leistungsvereinbarung zwischen mybuxi und der zu formierenden Trägerschaft (Gemeinde, Region, lokale Umsetzungspartner) wird abgeschlossen. Sie definiert Betriebsmodell (Bürgerbus oder Agglomeration), Betriebszeiten, Haltestellendichte, Anzahl Fahrzeuge sowie Fahrpreis und Finanzierung.
- Das mybuxi-Team erbringt alle zentralen Dienstleistungen, insbesondere das IT-System (mybuxi-App und Fahrer*innen-App), die Projekt- und Betriebsführung und stellt Nutzungsauswertungen zur Verfügung.
- Lokale Umsetzungspartner beschaffen die Fahrzeuge und organisieren den Fahrdienst (Verein im Bürgerbusmodell oder ÖV-/Taxiunternehmen im Agglomerationsmodell).
Wirkung
Mit einem On-Demand-Angebot ergänzt mybuxi den ÖV auf der ersten bzw. letzten Meile und reduziert die Abhängigkeit vom Privatauto im ländlichen Raum. mybuxi wirkt zudem in allen Nachhaltigkeitsdimensionen in die Region:
- Umwelt: Ein mybuxi ersetzt bis zu 30 Privatautos und verringert dank Ridesharing den Energie- und Flächenverbrauch. Die Elektrofahrzeuge sind aus erneuerbaren Energiequellen angetrieben.
- Wirtschaft: Erzielt eine hohe Erreichbarkeitssteigerung des bestehenden ÖV-Netzes zu tieferen Kosten als bei herkömmlichen Ansätzen. Partnerschaften mit dem lokalen Gewerbe und Unternehmen fördern regionale Arbeitsplätze und Innovation.
- Gesellschaft: Die Zusammenarbeit mit einem lokalen Trägerverein und freiwilligen Fahrer*innen (Bürgerbusmodell) aus der Region stärkt das gemeinschaftliche Engagement für eine nachhaltige Zukunft der Region.
Weitere Informationen
Links
- Website von mybuxi mit weiteren Informationen
- Website des Vereins EBuxi in Herzogenbuchsee und Niederönz
- mybuxi beim Innovationspartner Migros Pionierfonds
- mybuxi in der Start-up Parade der Standortförderung Kanton Bern
- Amt für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination des Kantons Bern
- Alle Mobilservice Praxis Beispiele
Kontakt
mybuxi
Andreas Kronawitter
Hessstrasse 18
CH-3097 Liebefeld
www.mybuxi.ch
Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Kurzbeispiels:
Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern
Tel. 031 633 57 80