Kurzbeispiel: Mobilitätsmanagement in der Wohnsiedlung Luegisland in Zürich
Erstellt am 31.08.2021
Die Wohnbaugenossenschaft BAHOGE untersuchte in der Siedlung Luegisland in Zürich Schwamendingen im Rahmen einer Beratung Plus von «Impuls Mobilität» der Stadt Zürich konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Veloabstellplätze in der Siedlung. Angestossen durch die BAHOGE wurde eine Befragung der Bewohner*innen durchgeführt und aus den Empfehlungen der Beratung Plus eine etappierte Massnahmenumsetzung angestossen. Derzeit wird eine neue Veloabstellanlage realisiert und die Umgebung im Dialog mit den Bewohner*innen entwickelt. Die Erkenntnisse aus der Beratung Plus in der Siedlung Luegisland fliessen nun auch in weiteren Siedlungen der BAHOGE ein.
Online Version: https://www.mobilservice.ch/de/2601.html
Profil & Eckdaten
zugeordnete Tags/Schlagwörter
Jährliche Betriebskosten
- gering (bis Fr. 5'000.-)
Investitionskosten
- hoch (ab Fr. 50'000.-)
Bemerkungen
Die bis Herbst 2021 erstellte neue überdachte und abschliessbare Veloabstellanlage wurde mit einer umfassenden Umgebungsgestaltung verbunden. Die Investitionskosten lassen sich deshalb nur gemeinsam beziffern und fallen entsprechend hoch aus.
Raumtyp
- Zentrum / Stadt
Gemeindegrösse
- > 20'000 Einwohner
Beispiel
Die Siedlung Luegisland in der Stadt Zürich
Die gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft BAHOGE verfügt über insgesamt 14 Wohnsiedlungen und 1‘017 Wohnungen in der Stadt und Agglomeration Zürich. Die Wohnbaugenossenschaft unterhält und erstellt Wohnraum für Familien, Senioren, Singles und Wohngemeinschaften. Sie steht für preiswertes, umweltgerechtes und ressourcensparendes Wohnen. Für ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Wohnangebot für die Genossenschafter*innen der BAHOGE entwickelt die Genossenschaft ihren Bestand weiter: dazu lernt die BAHOGE in Pilotprojekten auch in Sachen nachhaltiger Mobilität und lässt die Erfahrungen in verschiedenen Projekten einfliessen. In der Siedlung Luegisland wurde mit einer Beratung Plus von «Impuls Mobilität» der Stadt Zürich die Veloabstellsituation analysiert. Nun erfolgt eine etappierte Umsetzung: den Anfang macht eine neue Veloabstellanlage mit Umgebungsgestaltung. Weitere kleine, aber wirksame Massnahmen optimieren die Veloabstellsituation im Bestand und machen den Veloverkehr als Teil einer nachhaltigen Mobilität praktikabler und sichtbarer.
Hintergrund
Allgemeines zur Siedlung
Die Siedlung Luegisland wurde 1964/65 erstellt und zwischen 1990 und 2006 sanft saniert. Sie bietet in sieben Gebäuden, darunter ein 15-geschossiges Hochhaus, Raum für 208 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen. Die Siedlung Luegisland liegt zwischen der Stadtautobahn A1 (Zubringer Milchbuck- und Schöneichtunnel / City) und dem Freibad Auhof. Die weitläufigen Grünanlagen zwischen den Gebäuden bieten angenehme Aufenthaltsmöglichkeiten mit Grillplatz und Kinderspielbereichen. Die einzelnen Gebäude sind über ein Wegenetz zu Fuss und für Velos erschlossen.
Für die Siedlung Luegisland stehen in nächster Zeit umfassende Veränderungen an. Die Autobahn A1 wird auf diesem Abschnitt mit der Einhausung Schwamendingen vollständig überdeckt und zum «Überlandpark» entwickelt. In diesem Zusammenhang werden die Längshäuser entlang der Autobahn voraussichtlich ab 2028 durch Neubauten ersetzt. Bereits ab 2025 sind für das Hochhaus sowie für den südöstlichen Arealteil (Punkthäuser) Sanierungen geplant. Die BAHOGE koordiniert die Bauarbeiten in ihrem Bauleitbild 2021-2030, um die Weiterentwicklung ihrer Siedlungen sozialverträglich zu gestalten. Interessierte Bewohner*innen können so temporär oder dauerhaft in Wohnungen in nahegelegenen Siedlungen umziehen.
Standort / Rahmenbedingungen
Die Siedlung Luegisland liegt im Nordosten der Stadt Zürich im Stadtkreis Schwamendingen (Kreis 12). Die Wohnsiedlung wird von der Autobahn A1 gesäumt und orientiert sich entsprechend gegen den Schwamendingerplatz, dem Zentrum des Quartiers Schwamendingen Mitte. Durch die Siedlung verläuft die verkehrsberuhigte Luegislandstrasse (Tempo 30).
Fuss/Velo
Gegenwärtig
führt die Autobahn im Nordwesten dazu, dass Wege zu Fuss und mit dem Velo vor
allem in Längsrichtung über die Luegislandstrasse zurückgelegt werden. Mit dem
Überlandpark auf der Einhausung Schwamendingen wird die Autobahn dereinst
einfacher überquert werden können. Einrichtungen des täglichen Bedarfs wie Detailhandel,
Schulen und Schwimmbad liegen in Richtung Schwamendingerplatz in höchstens 800
Meter Fussdistanz.
Unweit der
Siedlung führt die Veloroute 29 (entlang der Glatt von Schwamendingen nach
Glattfelden) vorbei. Diese dient primär dem Freizeitveloverkehr. Gemäss der
nachfolgend beschriebenen Befragung dominiert in der Siedlung Luegisland die
Velobenutzung in der Freizeit, erst zweitrangig werden Pendlerwege mit dem Velo
zurückgelegt.
ÖV
Die
Siedlung Luegisland ist gut mit dem ÖV erschlossen (mehrheitlich ÖV-Güteklasse A).
Die nächsten ÖV-Haltestellen mit Abfahrten alle 7-8 Minuten liegen 350m (Bus)
bzw. 700m (Tram) entfernt. Die Tramlinien führen direkt an die Bahnhöfe
Stettbach und Hauptbahnhof.
MIV
Mit dem Auto
erfolgt die Zufahrt in die Siedlung über die Luegislandstrasse. Parkplätze sind
in der zentralen Tiefgarage sowie auf einem Aussenparkplatz verfügbar. Die
Zugänge zu den Gebäuden erfolgt über verschiedene Treppenaufgänge über das
Wegenetz im Aussenraum der Siedlung. Der nächste Mobility-Standort ist rund 600
Meter entfernt.
Ausgangslage / Motivation
Im September 2018 fand eine Impulsberatung durch das städtische Beratungsangebot «Impuls Mobilität» mit der BAHOGE statt. Darin wurde festgestellt, dass die Veloabstellsituation der Siedlung Luegisland wiederholt Reklamationen hervorbringt. Die Wohnsiedlung Luegisland verfügte zu dem Zeitpunkt über rund 385 Veloabstellplätze für 208 Wohnungen. Für die Bestandsbauten der Siedlung Luegisland kann als Vergleichswert von einer empfohlenen Kapazität von ca. 600 Veloabstellplätzen ausgegangen werden. Die verschiedenen Veloabstellanlagen in Innenräumen und im Aussenraum wiesen jedoch sehr unterschiedliche Auslastungen auf. Eine Umfrage bei der Bewohnerschaft sollte deshalb Klarheit über den Bedarf sowie die Anforderungen an Kurz- und Langzeitveloabstellplätze schaffen.
Im Rahmen der Beratung Plus von «Impuls Mobilität» wurde deshalb die Situation näher untersucht und Optimierungsmöglichkeiten erarbeitet. Die Analyse beschränkte sich auf die Wohnsiedlung Luegisland. Für die unterschiedlichen Gebäudetypen wurde die Situation einzeln betrachtet. Für die BAHOGE stellte die Beratung Plus in der Siedlung Luegisland auch ein Pilotprojekt für die zukünftige schrittweise Verbesserung der Veloabstellplätze in ihrem gesamten Wohnungsbestand in der Stadt und Agglomeration Zürich dar. Andernorts betreibt die Wohnbaugenossenschaft Pilotprojekte für die Elektromobilität sowie für die ökologische Aufwertung von Aussenräumen. Zudem beabsichtigt die BAHOGE, eine autoarme Siedlung zu realisieren.
Werkzeugkasten
Vorgehen
In der Beratung Plus durch eine Fachberaterin des städtischen Beratungsangebots «Impuls Mobilität» erfolgte die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen für die Veloabstellsituation in der Siedlung Luegisland. Für die Analyse der Schwachpunkte der gegenwärtigen Veloabstellanlagen fand im Oktober 2018 eine Begehung in der Wohnsiedlung Luegisland mit den verantwortlichen der BAHOGE statt. Zu jedem der drei Gebäudetypen (Längshäuser, Punkthäuser und Hochhaus) wurde exemplarisch die Abstellsituation eines Gebäudes angeschaut.
Für die Ausarbeitung der Verbesserungsvorschläge wertete «Impuls Mobilität» auch die rund 270 Antworten aus der Befragung der Bewohner*innen der Siedlung Luegisland aus. So konnten Mängel der gegenwärtigen Veloabstellsituation und die Bedürfnisse der Bewohner*innen erhoben werden. Weil die Freizeitnutzung des Velos in der Siedlung überwiegt, wurde der Fokus für die Massnahmenvorschläge auf Langzeitparkierung (mehr als 2 Tage) und damit auf witterungsgeschützte Abstellplätze (idealerweise im Veloraum) gelegt. Die Befragung lieferte auch Erklärungen für die vordergründig schlechte Auslastung der verfügbaren Veloabstellplätze: wegen mangelnder Qualität (Ordnung, Verschmutzung, Diebstahl, Parkierungssystem) wurden Velos auch anderweitig, z.B. in der eigenen Wohnung, parkiert.
Aus den Massnahmenempfehlungen für die gesamte Wohnsiedlung Luegisland konnte die BAHOGE die Umsetzung etappieren und mit den übrigen Bauarbeiten koordinieren. Ziel waren aber bewusst auch rasch umsetzbare Massnahmen, die langfristige Verbesserungen brachten. Deshalb legte die Genossenschaft den Fokus in erster Linie auf die Punkthäuser südöstlich der Luegislandstrasse. Die empfohlene Erweiterung der Langzeitabstellplätze mit Parkierungssystem, Überdachung und Anschliesssystem im Aussenbereich erfordert aus planungsrechtlichen Gründen eine besonders gute Gestaltung. Die Baukommission der BAHOGE entschied deshalb, den Aussenbereich der Punkthäuser hinsichtlich möglicher Entwicklungen ganzheitlich zu betrachten und zu untersuchen.
Im November 2020 fand in der Siedlung eine Dialogveranstaltung zu den geplanten Veloabstellplätzen sowie der Umgebungsgestaltung statt. Die Teilnehmenden engagierten sich in der Diskussion stark. Verschiedene Anregungen wurden entgegengenommen und sollen wunschgemäss umgesetzt werden. So kann neben den 45 neuen Veloabstellplätzen gemeinsam mit den Bewohner*innen auch die Aufenthaltsqualität verbessert werden: Es entstehen neue Sitzgelegenheiten, Spielgeräte und ein einfacher Pflanzgarten mit Wasserstelle. Zudem werden die Bepflanzungen mit Blumenwiesen und Wildsträuchern ökologisch aufgewertet. Im Sommer 2021 werden die entsprechenden Bauarbeiten ausgeführt.
Massnahmen
Stand: 2021
Bauliche Massnahmen
- Im Bereich der Punkthäuser wird der bestehende Velounterstand mit einem Parkierungssystem bestückt.
- Eine neue Veloabstellanlage mit 45 Plätzen wird gemeinsam mit Umgebungsarbeiten realisiert. Die Anlage ist überdacht und abschliessbar.
- In den Veloräumen im Hochhaus und in den Längshäusern sind kostengünstige, aber effektive Massnahmen (Parkierungssystem, Bodenmarkierungen) geplant. Die Umsetzung erfolgt nach Fertigstellung der neuen Veloabstellanlage.
Organisatorische Massnahmen / Anreize
- Es wurden regelmässige Ordnungsmassnahmen (Reinigung, das Entfernen nicht benutzter Velos) in allen Veloräumen mit der Hauswartung umgesetzt. Nach Vollendung der baulichen Massnahmen werden diese überprüft und allenfalls intensiviert.
- Der Bewohnerschaft steht mit der neuen Veloabstellanlage eine für alle zugängliche Velopumpe zur Verfügung.
Information und Bewusstseinsbildung
- Die Befragung der Bewohner*innen zur Veloabstellsituation trug zur Bewusstseinsbildung fürs Velo als Verkehrsmittel bei. Mit der Dialogveranstaltung zur Umgebungsgestaltung fand der partizipative Prozess eine Fortführung.
- Aktionstage wie beispielsweise eine Velobörse oder Reparaturnachmittage sensibilisieren für die Verwendung des Velos. Ein erster Aktionstag ist mit der Übergabe der neuen Veloabstellanlage an die Mieter*innen geplant.
Wirkung
Verkehr
Die verkehrliche Wirkung kann erst nach der Inbetriebnahme der neuen Veloabstellanlagen beurteilt werden.
Umwelt und Energie
Die BAHOGE kann die Erkenntnisse aus der Beratung Plus als Beitrag für ein Mobilitätsmanagement in weiteren Siedlungen in der Stadt und Agglomeration Zürich verwenden. Damit können sich die Einzelmassnahmen für die Veloförderung in einem grösseren Wirkungskreis entfalten.
Gesellschaft
Das Mitwirkungsangebot wurde von den Bewohner*innen sehr geschätzt und animierte die Bewohnerschaft dazu, weiterhin an der Belebung der Siedlung mitzuarbeiten. Die BAHOGE organisierte eine weitere Dialogveranstaltung für den Pflanzgarten.
Wirtschaft und Finanzen
Investitionskosten von ca. CHF 600‘000 für die Umgebungsgestaltung und die neue Veloabstellanlage. Die weiteren Massnahmen (Organisation, Aktionstage) sind wenig kostenintensiv. Für die Finanzierung der Massnahmen und der partizipativen Veranstaltungen stehen der BAHOGE ein Nachhaltigkeits- und ein Erneuerungsfonds zur Verfügung.
Erfahrungen
Erfolgsfaktoren
- Partizipative Elemente in der Erarbeitung der Verbesserungsmassnahmen (Befragung, Dialogveranstaltung) wurden von Bewohner*innen gut aufgenommen. Die Bewohnerschaft bringt sich weiterhin ein.
- Veloabstellanlage im Aussenraum schafft Synergien mit Umgebungsgestaltung, die weniger stark von den Sanierungsarbeiten an den Gebäuden betroffen sind. Zudem kommen die Massnahmen nicht nur einzelnen Gebäuden, sondern der ganzen Siedlung zu.
Hemmnisfaktoren
- Umsetzung von Ordnungsmassnahmen im operativen Betrieb der Siedlung als dauerhafte Massnahme braucht Zeit und Engagement aller Beteiligten.
- Anstehende Bauarbeiten (Sanierung und Ersatzneubau) erschweren die baulichen Umsetzungen in den Veloräumen, weil stets ein Abwägen der Investitionen erfolgen muss.
- Nachfrage nach Veloabstellplätzen fehlte punktuell. Dadurch wurde die Bereitschaft geschmälert, Verbesserungsmassnahmen zu ergreifen. Durch Angebotsverbesserung der Veloabstellanlagen konnten aber die Bedürfnisse der Bewohner*innen besser adressiert werden und so mit einem adäquaten Angebot, Anreize zur vermehrten Nutzung des Velos setzen.
Weitere Informationen
Dieses Siedlungsbeispiel wurde in Anlehnung an die Unternehmensbeispiele zum betrieblichen Mobilitätsmanagement und an das Praxis Beispiel «MIWO – Mobilitätsmanagement in Wohnsiedlungen» für die Beispielsammlung auf Mobilservice aufbereitet. Die Erarbeitung und Übersetzung dieses Beispiels wurde durch die Unterstützung der Stadt Zürich ermöglicht (2021).
Weiterführende Links
- Siedlung Luegisland in Zürich Schwamendingen
- Beratungsangebot «Impuls Mobilität» der Stadt Zürich
- Informationen zum Mobilitätsmanagement in Wohnsiedlungen (MIWO und PAWO)
Dokumente auf Deutsch
Kontakt
Stadt
Zürich, Tiefbauamt
Beratungsangebot «Impuls Mobilität»
Werdmühleplatz 3, Amtshaus V
CH-8001 Zürich
Tel. 058 595 78 70 (Geschäftsstelle)
BAHOGE Wohnbaugenossenschaft
Christoph
Felder, Leiter Bau & Unterhalt
Werdstrasse
36
CH-8004 Zürich
Tel. 044 241 45 73
info@bahoge.ch
Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Beispiels:
Geschäftsstelle «Impuls Mobilität» der
Stadt Zürich
www.stadt-zuerich.ch/impulsmobilitaet
und
BAHOGE Wohnbaugenossenschaft
https://bahoge.ch/