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Netzwiderstandskataster Langsamverkehr

Erstellt am 10.10.2005

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Pendler
  • Gemeinden
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  • Geschäft

Jährliche Betriebskosten

  • gering (bis Fr. 5'000.-)
0 5'000 20'000
  • gering (bis Fr. 5'000.-)

Investitionskosten

  • mittel (bis Fr. 50'000.-)
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • mittel (bis Fr. 50'000.-)
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration
  • Ländlich / Dorf

Gemeindegrösse

  • < 5'000 Einwohner
  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Der Fuss- und Veloverkehr hat auf lokaler Ebene grosses Potenzial. Für die Förderung des Langsamverkehrs in Gemeinden ist allerdings die Qualität des Wegnetzes von wesentlicher Bedeutung. Um in diesem Bereich Verbesserungen gezielt zu realisieren, ist es notwendig, die problematischen Stellen im Netz zu kennen. Ein so genannter Netzwiderstandskataster ist eine Möglichkeit, flächenhaft alle Hindernisse im Fuss- und Velowegnetz zu erfassen und aufzubereiten. Für die Erhebung der Widerstände werden neben Fachleuten auch interessierte Laien eingesetzt.

Beispiel Langenthal

Anfang 2002 wurde in einem Stadtteil Langenthals ein Pilotversuch zur Erhebung der Hindernisse im Langsamverkehr durchgeführt und ausgewertet. Das Ziel der Arbeit war eine detaillierte Übersicht über alle im öffentlichen Strassenraum befindlichen Barrieren, Gefahrenpunkte und Mängel für FussgängerInnen, behinderte Menschen und VelofahrerInnen. Der daraus resultierende Kataster sollte als Basis für eine schrittweise Behebung der Netzwiderstände dienen. Für die Erhebungen wurden interessierte Laien eingesetzt, die von Fachleuten eingearbeitet und unterstützt worden sind.
Der Pilotversuch erwies sich für die Stadt Langenthal als sehr erfolgreich und praktikabel. Deshalb unterstützte das Bundesamt für Strassen (ASTRA) die flächendeckende Gesamterhebung. Die Problemstellen wurden über ein halbes Jahr strassenweise kartiert und in einem Kataster (Pläne und Datenbank) aufbereitet. Die Gemeinde entwickelte daraus ein nach Prioritäten geordnetes Realisierungsprogramm (Sofortmassnahmen, mittel- und langfristige Projekte), welches schrittweise und teils im Rahmen übergeordneter Planungen umgesetzt wird.

Beschreibung

Hintergrund

Etwa ein Drittel aller Autofahrten ist kürzer als 3 km und könnte in vielen Fällen problemlos durch zu Fuss gehen oder Velofahren ersetzt werden. Allerdings braucht es dazu ein ansprechendes und sicheres Wegnetz. Um geeignete Massnahmen zur Förderung des Langsamverkehrs umzusetzen, müssen vor allem die Hindernisse für die Zufussgehenden, Velofahrenden und speziell auch für Menschen mit Behinderungen bekannt sein. Die wichtigsten Kriterien dafür sind: Sicherheit, Direktheit, Attraktivität, Komfort und Zusammenhang. Dabei kommt es auch auf die kleinen, unscheinbaren Lücken wie fehlende Rampen (Niveaufreiheit) oder fehlende Querungshilfen an. Für eine flächenhafte Inventarisierung ist allerdings ein hoher Erhebungsaufwand notwendig.

Angebot

Der "Netzwiderstandskataster Langsamverkehr" ist eine flächendeckende Inventarisierung aller Problemstellen für den Langsamverkehr im Strassen- und Wegnetz einer Ortschaft. Man kann diese Problemstellen in verschiedene Widerstandstypen einteilen (siehe Liste der Widerstandstypen - pdf). Die wichtigsten davon sind Netzlücken, MIV-Einfluss, soziale Unsicherheit, Trottoirabsenkungen und -abmessungen, Querungsmängel, Hindernisse, Sichteinschränkung, Verkehrsregime, Veloparkierung und Orientierung. Die aufgenommenen Daten werden auf Plänen und in einer Datenbank festgehalten (siehe Auszug aus der Kataster-Datenbank Langenthal (pdf) und Auszug aus dem Kataster-Plan Langenthal (pdf)).
Das Ziel des Netzwiderstandskatasters ist eine vollständige Netzplanung der Erschliessungsanlagen für den Langsamverkehr, insbesondere der Fusswegverbindungen. Der Netzwiderstandskataster bildet ein breites Spektrum an Verbesserungsmassnahmen ab, welches von kleinen und kostengünstigen Sofortmassnahmen über Prioritäten im kurz- und mittelfristigen Bereich bis hin zu langfristigen Realisierungsvorhaben reicht. Grundsätzlich sollen die Erkenntnisse des Katasters in laufende Planungen und Bauvorhaben integriert werden, damit die Kosten der Umsetzung möglichst gering gehalten werden können. Das Prinzip der Erhebungsmethode des Netzwiderstandskatasters sieht vor, die Aufnahme der Widerstände vor Ort mit Hilfe von interessierten Laien durchzuführen. Sie kommen täglich mit den Hindernissen in Berührung und entwickeln dadurch ein gewisses detektivisches Gespür für die kleinen Mängel im eigenen Quartier. Diese freiwilligen Helfer sind durch Experten zu instruieren und zu begleiten.

Dokumente auf Deutsch

Erfahrungen

Der aktive Einbezug der Bevölkerung bei der Feldaufnahme ist ein wichtiger Bestandteil des Netzwiderstandskatasters. Voraussetzung ist eine fachliche Einführung zu den besonderen Bedürfnissen von FussgängerInnen, VelofahrerInnen und Menschen mit Behinderungen sowie zu den Anforderungen an Fuss- und Veloverkehrsanlagen. Die Instruktion der Laien muss anhand von vielfältigen Beispielen aus der Praxis durchgeführt werden.
Die Erfahrung zeigt zudem, dass eine aktive Begleitung der Laien durch Experten vor allem zu Beginn der Erhebungen zwingend ist, um sofort für Rückfragen und Hilfestellungen bereit zu stehen. Die Aufnahmen müssen von Fachleuten verifiziert und aus Expertensicht ergänzt werden. Auch empfiehlt es sich, die Arbeit zu etappieren. Eine erste Testphase in einem Pilotquartier erleichtert die Einführung der Helfer und erlaubt, bei allenfalls auftretenden Problemen korrigierend einzugreifen. Der Erhebungszeitraum sollte jedoch ein halbes Jahr nicht überschreiten. Die gezielte Öffentlichkeitsarbeit über die lokalen Medien sorgt für eine bessere Information der Bevölkerung über die stattfindenden Arbeiten. Für die Datenaufbereitung und -visualisierung (Datenbank, Pläne) eignet sich ein Geographisches Informationssystem (GIS).

Wirkung

Umwelt und Energie

Die Erfassung der Netzwiderstände des Langsamverkehrs in einem Kataster und die anschliessende systematische Behebung der Problemstellen fördert das Zufussgehen und Velofahren im Quartier. Für die BewohnerInnen werden physische und psychische Hindernisse für eine umweltfreundlichere Mobilität ausgeräumt. Somit wird den durch den motorisierten Individualverkehr verursachten Umweltproblemen (Luftverschmutzung, Klimaerwärmung, Lärm) entgegengewirkt und der Energieverbrauch beeinflusst.

Gesellschaft

Die aktive Beteiligung der Bevölkerung an der fachlichen "Hindernisjagd" fördert das Bewusstsein und die Sensibilität für die Probleme von FussgängerInnen und RadfahrerInnen. Alle TeilnehmerInnen wirken an der Verbesserung der Bedingungen für den Langsamverkehr mit. Die Berichterstattung der Medien kann zusätzlich zu einer breiten Unterstützung des Realisierungsprogramms in der Bevölkerung beitragen.

Wirtschaft

Durch Verbesserungen im Wegnetz für den Langsamverkehr wird eine Gemeinde als Einkaufs- oder Tourismusort attraktiver. Die ausgelösten baulichen Massnahmen eröffnen lokalen oder regionalen Bauunternehmen zudem neue Auftragsmöglichkeiten. Durch die Erhöhung der Sicherheit im Langsamverkehr können die Unfälle reduziert und die damit verbundenen Folgekosten gesenkt werden.

Werkzeuge

Vorgehen

Die Erfahrungen des Pilotprojektes "Netzwiderstandskataster Langsamverkehr" in Langenthal zeigten, dass eine Erhebung durch interessierte Laien möglich und sinnvoll ist. Das folgende Vorgehen hat sich dabei als zweckmässig und effizient erwiesen:

  1. Aneignung der Methode und Adaptierung auf die lokalen Bedürfnisse (z.B. Definition des anzustrebenden Standards der Erhebung)
  2. Öffentlichkeitsarbeit: Einbezug der Medien vor, während und nach der Durchführung (z.B.: Artikel in der Berner Rundschau (pdf))
  3. Werben interessierter Laien zur freiwilligen Mitarbeit (Presseartikel, Inserat/"Stellenbeschrieb", direktes Ansprechen potenzieller Personen)
  4. Instruktion der Laien (Theorie und Praxis)
  5. Testlauf in einem repräsentativen Pilotquartier (erleichtert die Beschlussfassung in den politischen Entscheidungsgremien, zeigt Fehler/Probleme auf)
  6. Durchführung im gesamten Gemeindegebiet (anfängliche fachliche Begleitung und Hilfestellung durch Fachleute)
  7. Verifizierung der Erhebungsresultate und Zuordnung zu Widerstands-Typen
  8. Erstellung eines einheitlichen Katasters (Datenbank und kartographische Zuordnung, GIS)
  9. Realisierungsprogramm (Sofortmassnahmenkatalog, Einbezug in laufende Planungsarbeiten)
  10. fortlaufende Aktualisierung des Katasters (Ergänzung neuer Widerstände, Streichung behobener Problemstellen)

Dokumente auf Deutsch

Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt über die Gemeinden. Die Erhebungskosten können jedoch durch den Einbezug von interessierten Laien niedrig gehalten werden.

Marketing

Wichtig ist eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit. Eine Medieninformation im Vorfeld der Aktion informiert über das Projekt und sensibilisiert die Bevölkerung für die Problemfelder im Langsamverkehr. Zusätzlich werden dabei interessierte Laien zur Teilnahme geworben. Später können die Aufnahmearbeiten als Medienereignis begleitet werden. Nach Abschluss der Erhebung sind die Resultate und später auch die Umsetzungsschritte zu veröffentlichen, um den Prozess transparent zu gestalten.

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Weitere Informationen zum Projekt "Netzwiderstandskataster Langsamverkehr":

  • Büro für Mobilität AG
    Hirschengraben 2
    CH-3011 Bern
    Tel. 031 311 93 63

    www.bfmag.ch
  • GrobPlanung GmbH
    Daniel Grob
    Güterstrasse 12
    CH-3360 Herzogenbuchsee
    Tel. 062 956 23 00
    Fax: 062 956 23 24

    www.grobplanung.ch

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxisbeispiels:

Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern
Tel. 031 633 57 80