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Velobahnen – Planung und Umsetzung der «städtischen Velorouten» in Winterthur

Erstellt am 19.12.2023
Aktualisiert am 26.01.2024

Winterthur hat im April 2022 den ersten Abschnitt der städtischen Veloroute Töss eröffnet (Foto: Stadt Winterthur) Winterthur hat im April 2022 den ersten Abschnitt der städtischen Veloroute Töss eröffnet (Foto: Stadt Winterthur)

Velobahnen sind qualitativ hochwertige Verbindungen, welche Räume mit hohem Veloverkehrspotenzial über längere Distanzen verknüpfen und ein flüssiges und komfortables Befahren ermöglichen. Sie weisen einen sehr hohen Ausbaustandard auf und führen in der Regel über baulich abgesetzte Radwege und motorfahrzeugarme Strassen. Mit Velobahnen wird insb. die Bündelung von Veloalltagsbeziehungen angestrebt. Für diese höchste Qualitätsstufe im Velowegnetz werden in der Schweiz und international viele verschiedene Begriffe verwendet. Während im Schweizer Veloweggesetz und auf Bundesebene von «Velobahnen» gesprochen wird, setzt die Stadt Winterthur auf den Begriff «städtische Velorouten». Im Mobilservice Praxis Beispiel werden beide Begriffe synonym verwendet.

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

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Investitionskosten

  • hoch (ab Fr. 50'000.-)
0 10'000 50'000
  • hoch (ab Fr. 50'000.-)

Jährliche Betriebskosten

  • hoch (ab Fr. 20'000.-)
0 5'000 20'000
  • hoch (ab Fr. 20'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration

Gemeindegrösse

  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Beispiel

Beispiel der Stadt Winterthur

Die Stadt Winterthur hat eine lange Tradition als Velostadt und verfügt grundsätzlich über ein attraktives Velowegnetz. Der Anteil des Veloverkehrs auf Wegen mit Start und/oder Ziel im Stadtgebiet beträgt gemäss Städtevergleich Mobilität 2021 rund 12 %. Mit der Umsetzung von breiten, direkten und möglichst konfliktarmen städtischen Velorouten (Velobahnen) zwischen den Stadtquartieren und dem Zentrum soll der Anteil des Veloverkehrs im städtischen Modalsplit weiter erhöht werden. 

Das Netz von sechs Velobahnen mit einer Gesamtlänge von rund 30 Kilometer soll bis 2030 realisiert sein. Für die Planung und Umsetzung der städtischen Velorouten stützt sich die Stadt Winterthur auf ihre seit einigen Jahren erarbeiteten strategischen, planerischen und gestalterischen Grundsätze. Die Vortrittsberechtigung an diversen Knoten bietet allerdings Herausforderungen. Die ersten Erfahrungen im Jahr 2023 zeigen eine mehrheitlich gute Akzeptanz in der Bevölkerung, aber auch einzelne kritische Rückmeldungen. 

Beschreibung

Hintergrund

In der Velowegnetzplanung werden Velorouten nach ihrer Netzfunktion hierarchisch gegliedert. Velobahnen bilden gemäss internationalem Vorbild und der Praxishilfe zur Velowegnetzplanung (ASTRA/vks 2024) analog den hochrangigen Strassen im motorisierten Verkehr die höchste Netzebene

Begriffe und Definitionen 

Für Velobahnen in Städten und Agglomerationen werden in der Schweiz und international sehr viele verschiedene Begriffe verwendet. In der Schweiz sind neben dem Begriff «Velobahn» auch die Begriffe «Veloschnellroute», «Velovorrangroute» oder «Veloexpressroute» etabliert. 

Im SVI-Forschungsbericht «Hinweise für die Planung von Veloschnellrouten („Velobahnen“) in Städten und Agglomerationen» von 2017 wurden Velobahnen wie folgt definiert: Velobahnen sind die hochwertigsten Verbindungen im Veloverkehrsnetz einer Agglomeration oder Region. Sie sind attraktiv, sicher und schnell und verknüpfen wichtige Ziele mit hohen Potenzialen insb. im Berufs- und Ausbildungsverkehr. 

Im 2023 in Kraft getretenen Schweizer Bundesgesetz über Velowege (Veloweggesetz) ist der Begriff Velobahnen explizit als Element des Alltagsvelonetzes genannt. In der Praxishilfe zur Velowegnetzplanung (ASTRA/vks 2024) werden Velobahnen wie folgt charakterisiert: Das Velowegnetz Alltag wird ausgehend von der Funktion der Verbindungen in drei Hierarchiestufen eingeteilt, die in behördenverbindlichen Netzplänen festgehalten werden: Velobahnen, Hauptverbindungen, Nebenverbindungen. In Korridoren mit hohem Velopotenzial kann das Velowegnetz also durch Velobahnen ergänzt werden. Velobahnen sind qualitativ hochwertige Verbindungen, welche Räume mit hohem Potenzial über längere Distanzen verknüpfen und ein flüssiges und komfortables Befahren ermöglichen. Sie weisen einen sehr hohen Ausbaustandard auf und führen in der Regel über baulich abgesetzte Radwege und motorfahrzeugarme Strassen. Mit Velobahnen wird eine Bündelung von Veloalltagsbeziehungen angestrebt.

Velobahnen sind Verbindungen der höchsten Qualitätsstufe in Velowegnetzen (Graphik: Praxishilfe ASTRA/vks 2024) Velobahnen sind Verbindungen der höchsten Qualitätsstufe in Velowegnetzen (Graphik: Praxishilfe ASTRA/vks 2024)

Für den Kanton Zürich wurde 2016 ein Velowegnetz für den Alltagsverkehr festgelegt, das aus Veloschnellrouten, Hauptverbindungen sowie Nebenverbindungen besteht. In anderen Kantonen heisst diese höchste Hierarchiestufe «Velovorzugsrouten» (AG, BS/BL, auch Stadt Zürich) oder «Velovorrangrouten» (BE). 

Die Stadt Winterthur bezeichnet die Verbindungen der höchsten Hierarchiestufe seit 2022 als «städtische Velorouten». Als Brandname wird dabei Veloroute mit «W» wie Winterthur geschrieben und mit Herz ergänzt. Die Stadt Winterthur definiert sie so: Städtische Velorouten sind zusammenhängende, hindernisfreie, direkte Strecken innerhalb des Velowegnetzes. Sie sind hauptsächlich auf den Alltagsverkehr ausgerichtet, können aber auch dem Freizeitverkehr dienen. Dem Velo soll grundsätzlich der Vortritt gewährt werden. Querungen mit Hauptstrassen und Busrouten sind im Einzelfall zu beurteilen. Auch bei wichtigen Stadträumen in Quartieren kann vom Grundsatz «Vortritt zu Gunsten des Veloverkehrs» abgewichen werden. In städtischen Gebieten sind sie nach Möglichkeit vom Durchgangsverkehr befreit und es gilt in der Regel Tempo 30. 

Die Velobahnen in Winterthur werden als «städtische Velorouten» bezeichnet und verwenden eine spezifische Markierungs- und Bildsprache (Graphik: Stadt Winterthur) Die Velobahnen in Winterthur werden als «städtische Velorouten» bezeichnet und verwenden eine spezifische Markierungs- und Bildsprache (Graphik: Stadt Winterthur)

Angebot

Rückblick zur Konzeption, Planung und Umsetzung in Winterthur 

  • Die Schaffung von Velobahnen ist für Winterthur im städtischen Gesamtverkehrskonzept (sGVK 2010) sowie im Agglomerationsprogramm für Winterthur und Umgebung (seit der zweiten Generation von 2012) vorgesehen. 
  • Die Stadt Winterthur liess 2013 eine Projektstudie Velobahnen erarbeiten. Darauf basierend beschloss der Stadtrat 2014 ein Netz aus fünf städtischen Velobahnen sowie einem inneren und äusseren Ring um die Altstadt und den Bahnhof. 
  • Mit der Gesamtrevision des regionalen Richtplans 2016 erfolgte die planungsrechtliche Sicherung des Velobahn-Netzes. 
  • 2019 führte die Stadt Winterthur einen Studienauftrag zur Konkretisierung der Velobahnen durch. Neben zwei Schweizer Planungsbüros (asa AG und Metron Verkehrsplanung AG) wurde bewusst auch ein Planungsbüro aus dem «Velovorbildland» Niederlande beauftragt (TRIDÉE). Die drei Planungsbüros erarbeiteten in einer ersten Phase Lösungsansätze für typische Situationen und entwickelten Vorschläge für eine einheitliche Erkennbarkeit der Velobahnen. In einer zweiten Phase entwickelte jedes Team für einen rund 1 km langen Abschnitt einer Velobahn sowohl kurzfristig umsetzbare als auch langfristige Lösungsansätze. 
  • Der Synthesebericht zum Studienauftrag wurde vom Stadtrat 2020 zustimmend zur Kenntnis genommen und ein angepasster Netzplan beschlossen (u. a. mit einer zusätzlichen Velobahn). 
  • Die Stadt Winterthur erarbeitete 2021/2022 mit Unterstützung der asa AG ein Umsetzungskonzept zur schrittweisen Umsetzung der Velobahnen. Die Stadt will bis 2030 sechs sogenannte städtische Velorouten (Velobahnen) realisieren. 
  • Mit der «Veloroute Töss» begann im Jahr 2022 der systematische Ausbau des Netzes. 

Foto vor und nach der Umgestaltung der «Veloroute Töss» im Sulzer-Areal (Foto: Stadt Winterthur) Foto vor und nach der Umgestaltung der «Veloroute Töss» im Sulzer-Areal (Foto: Stadt Winterthur)

Auf Basis des Syntheseberichts zum Studienauftrag 2019 verfolgt die Stadt Winterthur seit 2022 folgende Grundsätze für die Planung und Realisierung der städtischen Velorouten (Velobahnen): 

Strategische Grundsätze 

  • Die städtischen Velorouten werden für Menschen von rund 8 bis 80 Jahren gebaut und sollen als attraktive und sichere Infrastruktur wahrgenommen werden. 
  • Zur Priorisierung der verschiedenen Verkehrsnetze (Velo, Buslinien, MIV) an Knoten wurde ein Hierarchie-Schema entwickelt. Übergeordnete Strassen und wichtige Buslinien sind gegenüber den städtischen Velorouten vortrittsberechtigt. Gegenüber kommunalen Strassen sowie Bus-Nebenlinien sind jedoch die städtischen Velorouten im Grundsatz bevorrechtigt. 
  • In speziellen Stadt- und Quartierräumen (z. B. Platzbereiche, Schulen) nehmen die städtischen Velorouten Rücksicht auf andere Ansprüche an den Strassenraum, namentlich auf die Ansprüche des Fussverkehrs. 
  • Die Umsetzung soll mit einem Monitoring begleitet werden, das periodisch den Umsetzungsstand aufzeigt. Die Entwicklung der Velonutzung soll erhoben und diese Daten für die weitere Planung und Umsetzung herangezogen werden.  

Planerische Grundsätze 

  • Die städtischen Velorouten verlaufen im Siedlungsgebiet mehrheitlich auf Quartierstrassen mit Tempo-30 (als vortrittsberechtigte Velostrassen). Konflikte mit dem MIV und dem ÖV können damit weitgehend vermieden werden. 
  • Standardbreite auf Quartierstrassen ≥ 5.00 m (2 Velos + SUV bzw. PW + SUV) 
  • Standardbreite auf Strassen mit regelmässigem Bus- oder Lastwagenverkehr ≥ 6.00 m 
  • Standardbreite für Zweirichtungsradwege 4.00–4.80 m (2 + 2 Velos)
  • Eine Trennung der Fahrtrichtungen (baulich oder mittels Markierung) ist nicht vorgesehen 
  • Standardbreite für strassenbegleitende Einrichtungsradwege oder -radstreifen 2.20–2.60 m (2 Velos) 
  • Bei der Führung entlang von verkehrsorientierten Strassen ist namentlich in Knotenbereichen eine sorgfältige Planung erforderlich, um Konflikte zu vermeiden. 
  • Mischverkehrsflächen Fuss+Velo können nur als kurz- bis mittelfristige Lösungen in Betracht gezogen werden (nur ausnahmsweise und bei geringem Fussverkehr als langfristige Dauerlösung). 
  • Normalmass für Querungshilfen/Mittelinseln 3.00–3.50 m (Velos mit Anhänger, Lastenvelos) 
  • Öffentliche Längsparkierung auf städtischen Velorouten wird entweder aufgehoben oder unter Wahrung der Verkehrssicherheit neu angeordnet (zusätzlicher Sicherheitsabstand 0.50–0.75 m). Keine öffentliche Schräg- oder Senkrechtsparkierung. 
  • Vermeidung und optimierte Anordnung von privater Parkierung entlang von städtischen Velorouten. 

Grundsätze für die Umsetzung 

  • Die Umsetzung erfolgt mittels verkehrlicher Massnahmen (kurzfristiger Realisierungshorizont) oder baulicher Massnahmen (mittel- bis langfristiger Realisierungshorizont). 
  • Als verkehrliche Massnahmen werden Massnahmen bezeichnet, die durch die Anpassung der Signalisation und Markierung und allenfalls mit kleinen baulichen Eingriffen im Strassenraum realisierbar sind. Bezüglich Genehmigungsverfahren bedeutet dies, dass auf ein Auflageverfahren nach kantonalem Strassengesetz verzichtet werden kann. Eine Verkehrsanordnung ist allenfalls notwendig. Der Zeitraum vom Planungsstart bis zur Umsetzung/Realisierung beträgt je nach Projektumfang ca. 6 bis 18 Monate. 
  • Als bauliche Massnahmen werden Massnahmen bezeichnet, die grössere bauliche Eingriffe im Strassenraum erfordern und für die Genehmigungsverfahren gemäss kantonalem Strassengesetz durchzuführen sind. Der Zeitraum vom Planungsstart bis zur Umsetzung/Realisierung beträgt im Idealfall ca. 3 bis 5 Jahre; bei grösseren / komplexeren Projekten ist mit einer längeren Dauer zu rechnen. 
  • Im Umsetzungskonzept wird festgelegt, ob eine städtische Veloroute mit verkehrlichen oder baulichen Massnahmen umgesetzt werden sollen. Bauliche Massnahmen sind angezeigt, wenn eine Verbesserung mit rein verkehrlichen Massnahmen nicht möglich ist oder wo ohnehin Sanierungsarbeiten am Strassenkörper notwendig sind. Eine vorgängige Umsetzung von verkehrlichen Massnahmen kann dort sinnvoll sein, wo mit kurzfristig und kostengünstig umsetzbaren Massnahmen eine Verbesserung herbeigeführt werden kann. 

Abschnitt der städtischen Veloroute als verkehrliche Massnahme (links, mit rötlichem Band) und als bauliche Massnahme (rechts, mit rot eingefärbtem Belag) (Foto: Stadt Winterthur) Abschnitt der städtischen Veloroute als verkehrliche Massnahme (links, mit rötlichem Band) und als bauliche Massnahme (rechts, mit rot eingefärbtem Belag) (Foto: Stadt Winterthur)

Gestalterische Grundsätze («Fil Rouge») 

  • Bei der kurzfristigen Umsetzung der städtischen Velorouten mit verkehrlichen Massnahmen werden als Erkennungsmerkmal am Strassenrand rötliche Bänder markiert. 
  • Bei der mittel- bis langfristigen Umsetzung der städtischen Velorouten mit baulichen Massnahmen wurden als Pilotversuche Strecken mit rot eingefärbter Belag eingebaut, wie man ihn bspw. aus den Niederlanden kennt. Diese roten Beläge sind auf verschiedenen Abschnitten der städtischen Velorouten umgesetzt, um Erfahrungen für die weitere Umsetzung (Kosten, Unterhalt) zu gewinnen. 
  • Sowohl bei den rötlichen Bändern als auch beim roten Belag handelt es sich um eine rein gestalterische Massnahme und nicht um eine besondere Markierung gemäss Weisungen des UVEK. 
  • Mit der rötlichen Farbgebung soll erreicht werden, dass der Verlauf der städtischen Velorouten intuitiv erkannt wird. Dieser «Fil Rouge» zeigt den Velofahrenden, wo sie prioritär behandelt werden und ihnen sozusagen der rote Teppich ausgerollt wird. Bei Knoten und wichtigen Stadträumen resp. dort, wo der Veloverkehr nicht zwingend vortrittsberechtigt geführt wird, wird die Ausgestaltung dieses roten Teppichs entsprechend adaptiert. Die Stadt Winterthur hat sich bewusst für die Farbe Rot entschieden – einerseits, weil dies in der Schweiz bereits ein verwendeter Farbton für Veloinfrastruktur ist (Velowegweisung) und anderseits aber auch, weil dies technisch relativ einfach umsetzbar ist. 
  • Neben der rötlichen Einfärbung (Markierung oder Belag) werden die städtischen Velorouten am Anfang und am Ende sowie an wichtigen Zwischenpunkten am Boden beschriftet. Die Namensgebung orientiert sich dabei an den Stadteilen, welche die Veloroute erschliesst. 

Einer der Testabschnitte mit rot eingefärbtem Belag am Grünauweg in Winterthur (Foto: Stadt Winterthur) Einer der Testabschnitte mit rot eingefärbtem Belag am Grünauweg in Winterthur (Foto: Stadt Winterthur)

Erfahrungen

Akzeptanz 

Seit Herbst 2023 kann die fast durchgehend umgesetzte «Veloroute Töss» befahren werden. Die ersten Erfahrungen sind sehr positiv. Neben vielen positiven Rückmeldung von Velofahrenden konnten auch die Frequenzen erheblich gesteigert werden, abschnittsweise bis zu einer Verdoppelung. Anderseits sind aber auch Stimmen zu hören, welche sich über rücksichtslose und zu schnell fahrende Velos beklagen (insb. schnelle E-Bikes). Diese Stimmen müssen ernst genommen werden, damit die positive Grundstimmung zu Gunsten der städtischen Velorouten nicht ins Gegenteil kippt. 

Herausforderung Vortrittsberechtigung 

Auf den städtischen Velorouten soll man in erster Linie sicher, direkt und möglichst unterbruchfrei (vortrittsberechtigt) vom Start zum Ziel gelangen. Innerhalb von Begegnungs- und Tempo-30-Zonen wurde eine Vortrittsregelung mit der Anpassung der entsprechenden Verordnung per Anfang 2022 möglich (sogenannte «Velostrassen»). Eine vortrittsberechtigte Veloführung an anderen Knoten und Schnittstellen ist eine Herausforderung, welche eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Strassenverkehrsgesetz (SVG) erfordert. Über gewisse Hauptstrassen sollen städtische Velorouten (Velobahnen) in Zukunft vortrittsberechtigt geführt werden. Die Stadt Winterthur hat hierfür erste Grundlagen erarbeitet und plant dies in den nächsten Jahren zu konkretisieren. 

Derzeitiger Unterbruch der vortrittsberechtigten «Veloroute Töss» an einer Hauptstrasse (Foto: Stadt Winterthur) Derzeitiger Unterbruch der vortrittsberechtigten «Veloroute Töss» an einer Hauptstrasse (Foto: Stadt Winterthur)

Wirkung

In der Schweiz sind bisher nur einzelne Velobahnen umgesetzt und verwertbare quantitative Angaben zu deren Nutzen für die Umwelt, die Gesellschaft und die Wirtschaft vorhanden. Gemäss der SVI-Forschungsarbeit zu Veloschnellrouten (2017) zeigen insb. Erfahrungen aus den Niederlanden, dass mit dem Bau von Velobahnen 5 bis 15% der Autofahrenden aufs Velo umsteigen – was einem grossen Reduktionspotenzial für die Emissionen von Treibhausgasen und den Verbrauch von Energie und Ressourcen entspricht. Dies bedingt jedoch ein Velowegnetz mit durchgängig hohen Qualitätsstandards. 

Werkzeugkasten

Vorgehen

Die Konzeption, Planung und Realisierung von Velobahnen in einer Stadt oder Agglomeration muss sich in die Gesamtplanung des Velowegnetzes einordnen. Die Velowegnetzplanung umfasst die drei Phasen Analyse, Netzplanung und Umsetzung. Die Praxishilfe zur Velowegnetzplanung (ASTRA/vks 2024) bietet dazu detaillierte Empfehlungen. Im Folgenden wird die Planung und Realisierung der städtischen Velorouten in Winterthur grob umrissen: 

1. Analyse 

Im städtisches Gesamtverkehrskonzept sGVK (2010) wurden die bestehende Siedlungsstruktur und die Verkehrsströme zwischen den Quartieren und dem Zentrum analysiert. Basierend auf den übergeordneten und städtischen Entwicklungszielen wurden sowohl für die Siedlungsentwicklung als auch für das Verkehrsnetz Zukunftsbilder erarbeitet. Für den Veloverkehr wurde als grosses Defizit erkannt, dass teilweise Netzlücken bestehen und dass die Velo-Hauptströme oft gemeinsam mit dem MIV und ÖV auf den Hauptachsen verlaufen und dadurch teilweise nicht sehr attraktiv sind. Für diejenigen Verbindungen auf denen das Potenzial als ausreichend eingeschätzt wurde, wurde deshalb in einem Konzeptplan neu zu schaffende Veloschnellrouten (Velobahnen) abseits der Hauptachsen vorgeschlagen. 

2. Netzplanung 

Der Konzeptplan aus dem sGVK diente als Grundlage für die Netzplanung im Rahmen der Projektstudie Velobahnen (2013). Damit Velobahnen den Veloverkehr auf möglichst langen Abschnitten bündeln und priorisieren können, wurden auf den untersuchten Verbindungen die folgenden Bedingungen geprüft: Die Velobahnen müssen einerseits in den richtigen Korridoren liegen, um die relevanten Veloverkehrsströme aufnehmen zu können (Nachfrage), andererseits muss dort die Möglichkeit bestehen, eine Velobahn in der geforderten Qualität zu realisieren (Machbarkeit). Ein starker Fokus wurde zudem auf die Einbindung ins Gesamtnetz gelegt. Die Velobahnen verbinden das Stadtzentrum von Winterthur mit den Aussenquartieren und werden ab der Stadtgrenze teilweise als kantonale Veloschnellrouten weitergeführt. 

3. Umsetzung 

Im Rahmen eines Studienauftrags (2019) entwickelte die Stadt Winterthur die Grundsätze zur konkreten Projektierung und Umsetzung der Velobahnen. Gestützt auf ein Umsetzungskonzept (2021/2022) begann im Jahr 2022 mit der «Veloroute Töss» der systematische Ausbau des Netzes. 

Finanzierung

Die Finanzierung der städtischen Velorouten in Winterthur ist unterschiedlich. Für bauliche Massnahmen werden ordentliche Projektkredite beantragt. Unter anderem wird damit auch eine Mitfinanzierung durch den Kanton sowie den Bund (im Rahmen des Agglomerationsprogramms) ermöglicht und sichergestellt. Für die Umsetzung von verkehrlichen Massnahmen verfügt die Stadt über einen sogenannten «Velokredit». Aus diesem Sammelkredit können relativ einfach und unkompliziert Massnahmen finanziert werden. Eine Mitfinanzierung durch Kanton und Bund erfolgt hier nur in beschränktem Masse. 

Marketing

Die Umsetzung von Velobahnen sollte auch mit Kommunikationsmassnahmen begleitet werden. Die Velofahrenden sollen auf die Vorteile der neuen Infrastruktur hingewiesen werden und den Nichtvelofahrenden sollen Ängste genommen werden, dass der Ausbau von Velobahnen zu Lasten von anderen Bedürfnissen gehe. Bei der Umsetzung der Velobahnen und bei der Kommunikation ist deshalb dem Aspekt der Gesamtaufwertung bzw. Stadtreparatur und der Berücksichtigung anderer Anliegen ein hohes Gewicht zu geben. 

Die Stadt Winterthur unterstützt dieses Anliegen mit einem spezifischen Branding der städtischen Velorouten gemäss ihren Gestaltungsgrundsätzen: Die Velobahnen sind einheitlich in rötlicher Farbe kenntlich gemacht («Fil Rouge»). Neben diesem «roten Teppich» für Velofahrende werden die städtischen Velorouten am Anfang und am Ende sowie an wichtigen Zwischenpunkten mit dem typischen Signet und Name der Veloroute am Boden beschriftet. 

Velobahn-Branding der städtischen Veloroute Töss beim Beginn im Sulzer-Areal (Foto: Stadt Winterthur) Velobahn-Branding der städtischen Veloroute Töss beim Beginn im Sulzer-Areal (Foto: Stadt Winterthur)

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Tiefbauamt, Abteilung Mobilität
Pionierstrasse 7
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