Kurzbeispiel: „Sachplan Veloverkehr“ des Kantons Bern
Erstellt am 04.06.2015
Der Kanton Bern reagiert mit dem „Sachplan Veloverkehr“ auf mehrere Entwicklungen: Einerseits hat das Velo in den letzten zehn Jahren im Alltagsverkehr Anteile verloren und die finanziellen Mittel zum Ausbau der Hauptverkehrsstrassen für den Veloverkehr sind knapp. Andererseits ist der Bedarf an schnellen, sicheren und attraktiven Veloverbindungen abseits stark befahrener Strassen gestiegen und die landschaftliche Schönheit des Kantons Bern soll vermehrt für den Velotourismus erschlossen werden. Mit der starken Zunahme von E-Bikes lassen sich heute längere Distanzen auch in hügeligem Gelände zurücklegen.
Ziel des Kantons Bern ist es, den Anteil der Velofahrenden im Alltag zu steigern und die Velolandrouten in enger Zusammenarbeit mit SchweizMobil gezielt zu optimieren. Soll das Velofahren attraktiver gestaltet werden, ist ein zweckmässiges Velowegnetz für den Alltags- und Freizeitverkehr grundlegend. Der neue „Sachplan Veloverkehr“ des Kantons Bern dient als Planungsinstrument und hat zum Ziel, den Schwerpunkt der Routenaufwertung dort zu legen, wo objektiv das grösste Potenzial für den Veloverkehr liegt. Grundlage für die Ausgestaltung der Veloalltagsrouten war eine Potenzialanalyse.
Online Version: https://www.mobilservice.ch/de/1405.html
Profil & Eckdaten
zugeordnete Tags/Schlagwörter
Jährliche Betriebskosten
- gering (bis Fr. 5'000.-)
Investitionskosten
- hoch (ab Fr. 50'000.-)
Bemerkungen
Die Investitionskosten für den Kanton Bern lagen zwischen Fr. 100‘000 und Fr. 150‘000.
Raumtyp
- Zentrum / Stadt
- Agglomeration
- Ländlich / Dorf
Gemeindegrösse
- < 5'000 Einwohner
- 5'000 - 10'000 Einwohner
- 10'000 - 20'000 Einwohner
- > 20'000 Einwohner
Beschreibung
Der im Dezember 2014 erlassene „Sachplan Veloverkehr“ legt die Veloalltags- und -freizeitrouten mit kantonaler Netzfunktion fest. Er setzt damit die rechtlichen Vorgaben des kantonalen Strassengesetzes um und koordiniert die Weiterentwicklung des Velonetzes mit weiteren raumwirksamen Vorhaben. Der Sachplan ist behördenverbindlich und liefert die Grundlage für die regionalen und kommunalen Velonetzplanungen und zur Priorisierung von Massnahmen auf den Velorouten mit kantonaler Netzfunktion. Wo Velorouten mit kantonaler Netzfunktion auf Gemeinde- und Privatstrassen verlaufen, profitieren Massnahmen zu Gunsten des Veloverkehrs von Investitionsbeiträgen des Kantons.
Potenzialanalyse als Grundlage
Um die relevanten Routen für den Veloalltagsverkehr zu definieren, wurde vorgängig zur Netzfestlegung im Sachplan eine Analyse des Veloverkehrspotenzials durchgeführt. Die Berechnung dieses Potenzials erfolgte anhand eines neu entwickelten GIS-basierten Modells, welches sich an der möglichen Nachfrage orientiert. So bestimmen Faktoren wie Einwohner- und Arbeitsplatzdichte, die Anziehung durch zentrale Orte und Bahnhöfe, das Geländeprofil (Leistungskilometer) verbunden mit den durchschnittlichen Velodistanzen, sowie die Schulwege und Freizeitrouten das Potenzial. Das Velopotenzial kann ausgeschöpft werden, wenn dem Veloverkehr optimale Routen zur Verfügung stehen. Für die Festlegung einer Veloalltagsroute mit kantonaler Netzfunktion war ein mittleres bis hohes Velopotenzial nötig.
Inhalt des Sachplans
Der Sachplan Veloverkehr ist wie folgt aufgebaut:
- Einführung und Ziele des Sachplans.
- Grundsätze zu Zweck und Inhalt des Sachplans: Definiert sachplanrelevante Vorhaben und regelt die Änderung des Sachplans sowie die Zusammenarbeit.
- Kriterien der Netzentwicklung und die Qualitätsanforderungen für die Planung der Velorouten.
- Zuständigkeiten und die Finanzierung.
- Kartenatlas mit Linienführung der Velorouten.
Im Anhang des Sachplans sind die wichtigsten physischen und qualitativen Netzlücken im Alltagsverkehr sowie die zahlreichen Optimierungsvorschläge der Freizeitrouten bezeichnet. Die konkrete Massnahmenplanung erfolgt im Rahmen der regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzepte, welche zugleich die Agglomerationsprogramme enthalten, und auf Kantonsstrassen im Strassennetzplan sowie dem Investitionsrahmenkredit Strasse.
Umsetzung
Der Sachplan Veloverkehr wurde durch das Tiefbauamt des Kantons Bern in mehreren Schritten erarbeitet:
- Grundlagenerhebung: Zusatzauswertung des Mikrozensus Verkehr über die Entwicklung des Veloverkehrs im Kanton Bern. Flächendeckende Erhebung der Schulwege zu Fuss und mit dem Velo unter den Gemeinden.
- Potenzialanalyse zur Planung der Veloalltagsrouten: Abschätzung des Veloverkehrspotenzials mittels GIS-Analyse. Das Veloverkehrspotenzial trägt diejenigen Streckenabschnitte zu Tage, bei welchen am meisten Velofahrende mobilisiert und damit die Mittel am wirksamsten eingesetzt werden können. Dazu werden quantitative Daten wie Einwohner- und Arbeitsplätze, Velodistanzen, Höhenmeter, Schulwege, Freizeitrouten und die Anziehung durch Bahnhöfe und zentrale Orte, etc. ausgewertet.
- Durchführung der Netzplanung: Diese beinhaltete die vorgängige Festlegung des methodischen Ansatzes sowie die Netztypologie und -hierarchie. Je nach Veloverkehrspotenzial werden diese Velorouten in Hauptverbindungen (hohes Potenzial im Alltagsverkehr) und Basisnetz (mittleres Potenzial im Alltagsverkehr) differenziert. Vermehrt wurde eine alternative Führung des Veloverkehrs abseits der Kantonsstrasse, auf kantonalen Radwegen, Gemeinde- oder Privatstrassen gesucht, wenn dies attraktiv für den Veloverkehr ist oder der Aufwand auf der Kantonsstrasse als unverhältnismässig erscheint.
- Erstellung des „Sachplans Veloverkehr“ als Mitwirkungsentwurf: Als zweisprachiges Dokument mit Text und Atlas, indem die Sachplankarte im Massstab 1:50'000 dargestellt ist.
- Durchführung eines Mitwirkungsverfahrens: Während einem Monat lag der Mitwirkungsentwurf bei allen Regierungsstatthalterämtern zur Einsicht öffentlich auf. Von den insgesamt 885 Anregungen konnten lediglich 28% nicht berücksichtigt werden.
- Erlass und Publikation des „Sachplans Veloverkehr“.
Zur Nachführung des Sachplans erstellt das Tiefbauamt periodisch einen Monitoringbericht zum Stand der Velonetzentwicklung im Kanton Bern.
Wirkung
Velofahren ist ressourcenschonend, platzsparend und hält fit.
- Umwelt: Ein gutes Velowegnetz bildet die Basis für die Förderung des Velofahrens auf attraktiven Routen und trägt damit indirekt zu einer verbesserten Umwelt- und Energiebilanz des Verkehrs bei.
- Gesellschaft: Aktive und erholsame Mobilität in der Freizeit, stressfreier Arbeitsweg per Velo.
- Wirtschaft: Die Staureduktion in Spitzenzeiten bietet einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Die Verbesserung des lokalen Freizeitangebots stärkt die lokale Wertschöpfung.
Weitere Informationen
Links
- Tiefbauamt Kanton Bern, Fachstelle Langsamverkehr
- Praxis Beispiel „Kantonaler Velonetzplan“ des Kantons Solothurn (2014)
- Liste aller Mobilservice Praxis Beispiele
- News Dossier „Potenzialanalyse zur Velonetzplanung“ (Dezember 2013)
Kontakt
Auskunft zum Sachplan:
Tiefbauamt des Kantons Bern
Dienstleistungszentrum
Fachstelle Planungen
Reiterstrasse 11
CH-3011 Bern
Tel. 031 633 35 11
Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Kurzbeispiels:
Kanton Bern
Amt für Umwelt und Energie
Abteilung Immissionsschutz
Laupenstrasse 22
CH-3011 Bern
Tel. 031 633 57 80
Dokumente auf Deutsch
- „Sachplan Veloverkehr“ des Kantons Bern [PDF, 33.42 MB]
Dokumente auf Französisch
- «Plan sectoriel pour le trafic cycliste» du canton de Berne [PDF, 33.42 MB]