Mobilitätsbudget: Aktuelle Erfahrungen in Europa
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Erstellt am 01.02.2022
Die Idee, eine CO2-Llimite oder eine zulässige Anzahl von Flugkilometern pro Kopf und Jahr zu bestimmen, wird seit einigen Jahren von Forschenden und Politiker*innen vorgeschlagen. Da dieser Ansatz in liberalen Demokratien nur schwer durchzusetzen ist, stossen anreizorientierte Alternativen auf grössere Resonanz. Im Bereich der Mobilität ist das Mobilitätsbudget eine solche Alternative . In Europa laufen zurzeit Experimente in unterschiedlichen Formaten.
Belgien zum Beispiel hat 2019 ein Mobilitätsbudget eingeführt, mit dem Ziel, den Pendlerverkehr nachhaltiger zu gestalten. Dabei ist das Mobilitätsbudget eine Begünstigung, die Unternehmen ihren Mitarbeitenden anbieten können, die einen Dienstwagen besitzen, um Anreize zu setzen für eine nachhaltigere Mobilität. Es gibt drei Möglichkeiten, wie dieses Jahresbudget genutzt werden kann: Mitarbeitende können ein umweltfreundlicheres Auto wählen, ein nachhaltiges Verkehrsmittel (öffentliche Verkehrsmittel) nutzen oder sich am Jahresende den Restbetrag des Budgets in bar auszahlen lassen. Es ist auch möglich, mit diesem Budget die eigene Hypothek zu bezahlen, sofern man in einem Umkreis von einigen Kilometern zum Arbeitsort wohnt. Zudem profitieren Nutzende des Mobilitätsbudgets von Steuervorteilen, wenn sie es für nachhaltige Verkehrsmittel verwenden oder sich in Bargeld auszahlen lassen. Wird in ein umweltfreundlicheres Auto investiert, werden keine Steuervorteile gewährt. Die tägliche Verwaltung des Budgets erfolgt oft mithilfe einer mobilen App und/oder einer speziellen Kreditkarte. Mehrere belgische Unternehmen wie Mobility Endenred, Modalizy oder Skipr bieten Unternehmen als Dienstleistung, das Mobilitätsbudget der Mitarbeitenden zu verwalten. Der Erfolg des Mobilitätsbudgets war seit seiner Einführung mässig. Denn um vom Budget profitieren zu können, müssen Mitarbeitende über einen Firmenwagen verfügen, was nicht bei allen der Fall ist. Ausserdem bieten nicht alle belgischen Unternehmen ein Mobilitätsbudget an, da zurzeit noch keine rechtliche Verpflichtung dazu besteht. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab jedoch, dass 70 % der Belgier*innen einem Mobilitätsbudget zustimmen. Als Reaktion darauf hat die belgische Regierung das Mobilitätsbudget Anfang 2022 angepasst, um es attraktiver zu gestalten. Die Anpassungen beinhalten, dass das Budget nun für eine breitere Palette von Mobilitätsdienstleistungen verwendet werden kann, z. B. für Garagenkosten oder Fahrradzubehör. Auch öV-Abonnements für Familienmitglieder lassen sich darüber finanzieren.
Finnland hat mit einer anderen Variante des Mobilitätsbudgets experimentiert. So schlug die Stadt Lahti 2020 vor, ein freiwilliges CO2-Kontingent pro Kopf für die Mobilität festzulegen. Das CitiCAP-Projekt wurde durch den EU-Fonds Urban Innovative Action finanziert. Mithilfe einer App werden die täglichen Emissionen der zurückgelegten Strecken der Teilnehmenden gemessen und so in ihrem individuellen CO2-Budget verwaltet. Die App belohnt diejenigen, die ihr wöchentliches Kontingent nicht überschritten, mit Gutscheinen für lokale Einkäufe oder mit Fahrkarten.
Weitere Informationen
- Die Webseite zum Mobilitätsbudget der belgischen Bundesregierung (fr)
- Touring-Umfrage zu einem erweiterten Angebot des Mobilitätsbudgets. Fleet 12.01.2022 (fr)
- Anpassungen des Mobilitätsbudgets in Belgien von Anfang 2022. Le Vif, 27. 12.2021 (fr)
- Das Unternehmen Mobility Edenred (fr)
- Das Unternehmen Modalizy (fr/en)
- Das Unternehmen Skipr (fr)
- CitiCAP Projekt in Lahti, Finnland (en)
- Mobilservice News Dossier zum Pilotprojekt Bikecoin (Oktober 2021)