RechercheRecherche ein-/ausklappen

Die 3 Recherchefunktionen für Ihre gezielte Suche in der Mobilservice Datenbank: Stichwortsuche, einfache Suchmaske (Piktogramme) und verfeinerte Suchkriterien (weiter unten).

In welchen Inhalten suchen?
Verkehrsmittel
Verkehrszweck

Auswahl aufheben

Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende

Erstellt am 05.11.2018

Eine Signaltafel neben dem Rotlicht erlaubt Rechtsabbiegen bei Rot für Velos in Basel (Bild: Amt für Mobilität BS) Eine Signaltafel neben dem Rotlicht erlaubt Rechtsabbiegen bei Rot für Velos in Basel (Bild: Amt für Mobilität BS)

Profil & Eckdaten

zugeordnete Tags/Schlagwörter

  • Pendler
  • Gemeinden
  • Velo
  • Einkauf
  • Freizeit
  • Geschäft

Jährliche Betriebskosten

  • gering (bis Fr. 5'000.-)
0 5'000 20'000
  • gering (bis Fr. 5'000.-)

Investitionskosten

  • gering (bis Fr. 10'000.-)
0 10'000 50'000
  • gering (bis Fr. 10'000.-)

Raumtyp

  • Zentrum / Stadt
  • Agglomeration

Gemeindegrösse

  • < 5'000 Einwohner
  • 5'000 - 10'000 Einwohner
  • 10'000 - 20'000 Einwohner
  • > 20'000 Einwohner

Lichtsignalanlagen spielen eine wichtige Rolle für direkte und schnelle Veloverbindungen. Im Rahmen eines dreieinhalbjährigen Pilotversuchs durften Velofahrende in Basel an ausgewählten Kreuzungen bei Rot rechts abbiegen. Aufgrund der positiven Erfahrungen schlug der Bundesrat im Rahmen einer Verordnungsänderung im Oktober 2018 vor, das Rechtsabbiegen bei Rot für Velos ins Verkehrsrecht aufzunehmen. Verläuft die Vernehmlassung positiv, könnte die neue Regelung am 1. Januar 2020 rechtskräftig werden.

Beispiel Kanton Basel-Stadt

Freies Rechtsabbiegen bei Rot mit zubringendem Radstreifen am Standort Steinenring / Leimenstrasse (Bild: Kryeziu, Brack) Freies Rechtsabbiegen bei Rot mit zubringendem Radstreifen am Standort Steinenring / Leimenstrasse (Bild: Kryeziu, Brack)

Die Kreuzung Steinenring / Leimenstrasse ist einer von zwölf Standorten, an denen das Amt für Mobilität des Kantons Basel-Stadt während zwei Jahren freies Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende testete und evaluierte. In der Zufahrt gibt es an diesem Standort einen Radstreifen. Velofahrende, die bei Rot nach rechts abbiegen, müssen FussgängerInnen auf zwei Fussgängerstreifen Vortritt gewähren. Die Hauptlastrichtung des Veloverkehrs ist geradeaus. Darum sollte dieser Standort vor allem Erkenntnisse liefern bezüglich Behinderungen zwischen dem wartenden Veloverkehr mit Ziel geradeaus und den bei Rot nach rechts abbiegenden Velofahrenden. Während vier Erhebungen wurden insgesamt 48 Stunden Videomaterial gesammelt. Die Auswertungen zeigten, dass die rechtsabbiegenden Velofahrenden an diesem Standort in gewissen Fällen wartende Autos oder Velofahrende links überholten, auf das Trottoir auswichen oder einen Zwischenstopp einlegen mussten. Während der gesamten Versuchsphase kam es an diesem Standort aber zu keinen ernsthaften Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmenden.

Situationsplan Pilotstandort Steinenring / Leimenstrasse (Bild: Amt für Mobilität BS) Situationsplan Pilotstandort Steinenring / Leimenstrasse (Bild: Amt für Mobilität BS)

Beschreibung

Hintergrund

Die Steuerungen der meisten Lichtsignalanlagen sind auf den motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr ausgelegt. Die Anforderungen von Fuss- und Veloverkehr werden dabei oft nur unbefriedigend berücksichtigt, was zu einer hohen Anzahl an Regelverstössen bei Rotlichtern führt. Kontrollen und Bussen sind aufwändig, wenig wirksam und politisch heikel, wollen doch viele Städte und Gemeinden das Velofahren fördern. Dennoch ist eine Verminderung der Regelverstösse wünschenswert, um die Verkehrssicherheit sowie die gegenseitige Akzeptanz der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden zu steigern. Das freie Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende ist eine von mehreren Massnahmen, um Regelverstösse zu minimieren und den Verkehrsfluss insgesamt zu optimieren. 

Auch andere europäische Länder wie Frankreich, Belgien, die Niederlande oder Dänemark kennen die Möglichkeit, den Radfahrern bei Rot das Rechtsabbiegen zu erlauben, in Deutschland läuft ein entsprechendes Pilotprojekt. 

Im Rahmen des SVI-Forschungsprojektes „Langsamverkehrsfreundliche Lichtsignalanlagen“ ermöglichte das Bundesamt für Strassen (ASTRA) dem Kanton Basel-Stadt, das freie Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende an ausgewählten Standorten zu testen und zu evaluieren. Diese Pilotversuche wurden 2015 und 2016 ausgeweitet und vertieft.

Angebot

In Basel ist es den Velofahrenden an ausgewählten Kreuzungen seit Mitte 2013 versuchsweise erlaubt, bei Rot rechts abzubiegen. Sie sind dabei nicht vortrittsberechtigt und müssen zum Beispiel FussgängerInnen auf Fussgängerstreifen den Vortritt gewähren.

Für das freie Rechtsabbiegen bei Rot wurde bereits im Rahmen des SVI-Forschungsprojekts eine Signaltafel entwickelt, die ein gelbes Velo mit gelbem Rechtspfeil auf schwarzem Grund zeigt. Sie ist quadratisch mit einer Seitenlänge von 20 cm und wird rechts neben dem Rotlicht des Lichtsignals angebracht. Die gelbe Farbe verdeutlicht, dass beim Abbiegen auf den vortrittsberechtigten Verkehr Rücksicht genommen werden muss.

In der ersten Phase (Mitte 2013 bis Ende 2014) gab es drei Pilotstandorte zum Analysieren der Wirkung von freiem Rechtsabbiegen bei Rot. Für die zweite Phase (2015 und 2016) kamen 9 zusätzliche Standorte dazu. Bei der Auswahl der Standorte wurde darauf geachtet, unterschiedliche Situationen (z.B. mit respektive ohne zuführendem Radstreifen) zu berücksichtigen.

Das Amt für Mobilität erfasste mit Videoaufzeichnungen das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden an den verschiedenen Pilotstandorten und analysierte die Daten ausführlich. Ziel war, mit diesen Pilotversuchen Erkenntnisse zu gewinnen zur effektiven Nutzung, der Verständlichkeit der Signalisation sowie möglichen Konflikten. Ausserdem sollten die Pilotversuche ermöglichen, Kriterien zu formulieren, die erfüllt sein müssen für die Einrichtung der Signalisation Rechtsabbiegen bei Rot für Velos.

Beispiel einer Kameraposition für die Datenerfassung (Bild: Amt für Mobilität BS) Beispiel einer Kameraposition für die Datenerfassung (Bild: Amt für Mobilität BS)

Erfahrungen

Der Pilotversuch in Basel hat gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für Konflikte zwischen Velofahrenden, die bei Rot abbiegen, und vortrittsberechtigten FussgängerInnen äusserst gering ist (weniger als 0,5 Prozent). Während der ganzen Versuchsdauer kam es zu keinem Unfall aufgrund eines bei Rot abbiegenden Velofahrers (bei ungefähr 1 Million Fahrten).

Die Versuchsanordnung entspricht offensichtlich dem Bedürfnis der Velofahrenden. Knapp 78 Prozent der Velofahrenden nahmen die Möglichkeit wahr, bei Rot nach rechts abzubiegen. Die restlichen 22 Prozent verstanden entweder die Signalisation nicht, konnten infolge Behinderung in der Zufahrt nicht bei Rot nach rechts abbiegen oder wollten bewusst die Möglichkeit nicht nutzen. Die hohe Nutzung verbunden mit der geringen Konflikthäufigkeit lässt darauf schliessen, dass die Velofahrenden die Bedeutung der Signaltafel richtig interpretiert haben.

Der motorisierte Verkehr profitiert ebenfalls von dieser Regelung, da die Weiterfahrt bei grüner Ampel seltener durch Velos behindert wird, da viele bereits bei Rot fahren durften.

Basierend auf den Erfahrungen des Pilotversuchs in Basel formulierte die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) Einsatzkriterien, welche für eine Freigabe des Rechtsabbiegens für Radfahrer bei Rot einzuhalten sind. Diese betreffen insbesondere das Vorhandensein eines Radstreifens in der Zufahrt sowie gute Sichtverhältnisse.

Ausserdem gilt es, die Bedürfnisse des Fussverkehrs nicht ausser Acht zu lassen. Bei Rot abbiegende Velos können bei FussgängerInnen Unsicherheiten und Stressmomente verursachen. Für Fussverkehr Schweiz ist deshalb die Information der FussgängerInnen über das neue Verkehrsregimes zentral.

Aufbauend auf den Erfahrungen in Basel ist folgende konkrete Änderung der nationalen Signalisationsverordnung vorgesehen (aktuell in Vernehmlassung):

Art. 69a Zusatztafeln zu Lichtsignalen

  1. Ist neben dem roten Licht das Signal «Rechtsabbiegen für Radfahrer gestattet» (5.18) angebracht, so dürfen Radfahrer und Motorfahrradfahrer bei Rot nach rechts abbiegen. Die Kombination aus rotem Licht und der Signaltafel bedeutet für die zum Rechtsabbiegen Berechtigten «Kein Vortritt» (Art. 36 Abs. 2).
  2. Das Signal «Rechtsabbiegen für Radfahrer gestattet» (5.18) darf nur dann neben dem roten Licht angebracht werden, wenn die Verkehrssicherheit gewährleistet ist. Der entsprechende Fahrstreifen muss einen zuführenden Radstreifen aufweisen sowie eine gelbe Haltelinie, die nach der für den übrigen Fahrzeugverkehr geltenden weissen Haltelinie markiert ist. Kein Radstreifen ist nötig, wenn:
    a. ein separater Fahrstreifen zum Rechtsabbiegen besteht oder dem übrigen Fahrzeugverkehr das Rechtsabbiegen nicht gestattet ist, und
    b. der Fahrstreifen über eine ausreichende Breite verfügt.

Signalisation für freies Rechtsabbiegen bei Rot (Bild: Amt für Mobilität BS) Signalisation für freies Rechtsabbiegen bei Rot (Bild: Amt für Mobilität BS)

Wirkung

Umwelt und Energie

Die Velofahrenden verkürzen durch Rechtsabbiegen bei Rot ihre Reisezeit, wodurch das Velofahren an Attraktivität gewinnt. Der Anteil der Velofahrenden am Modal Split erhöht sich tendenziell.

Gesellschaft

Es ist zu erwarten, dass Rechtsabbiegen bei Rot indirekt zu einer erhöhten Verkehrssicherheit beiträgt, indem die Akzeptanz von anderen Rotlichtern erhöht wird.

Wirtschaft

Kontrollen und Bussen zur Durchsetzung des Fahrverbots sind teuer. Deshalb ist es aus wirtschaftlicher sinnvoll, Rechtsabbiegen bei Rot zu legalisieren, sofern die Verkehrssicherheit nicht darunter leidet.

Werkzeugkasten

Vorgehen

Der Weg von ersten Pilotversuchen zu einer rechtlichen Basis, die das Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende schweizweit ermöglicht, gestaltete sich wie folgt:

  1. Erste Versuchsreihe: Das Amt für Mobilität des Kantons Basel-Stadt beteiligte sich von Mitte 2013 bis Ende 2014 mit einem Pilotversuch zum Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende am Forschungsprojekt der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure (SVI). An drei lichtsignalgeregelten Kreuzungen wurde das freie Rechtsabbiegen bei Rot für Velos versuchsweise gestattet. Mit Erhebungen des Verkehrsverhaltens der Velofahrenden vor und nach der Einrichtung der Pilotanlagen wurde die Wirkung dieser Massnahme evaluiert. Insbesondere wurden Konfliktsituationen zwischen FussgängerInnen und Velofahrenden analysiert sowie die Relevanz eines zu- bzw. wegführenden Radstreifens untersucht. Ein Kontrollstandort ermöglichte zu überprüfen, ob sich das Verhalten der Velofahrenden unabhängig von einer Anpassung der Signalisation ändert. Der Forschungsbericht „Langsamverkehrsfreundliche Lichtsignalanlagen“ (SVI 2011/024) informiert über die Resultate dieser ersten Versuchsreihe.
  2. Ausweitung der Pilotversuche: In Absprache mit dem ASTRA weitete der Kanton Basel-Stadt 2015 und 2016 die Pilotversuche zum Freien Rechtsabbiegen bei Rot um weitere 9 Standorte auf insgesamt 12 Standorte aus. Der Dienst für Verkehrssicherheit der Kantonspolizei Basel-Stadt unterstütze bei der Auswahl der Pilotstandorte im Hinblick auf sicherheitsrelevante Gesichtspunkte. Die bfu stand unterstützend zur Seite bezüglich Systematik und Methodik des Versuchs. Das Ziel dieser zweiten Phase war, weitere Verkehrssituationen zu untersuchen, insbesondere wie sich Velofahrende bei gegenseitiger Behinderung oder beeinflusst durch den motorisierten Verkehr an den Pilotstandorten verhalten. Auch während dieser zweiten Versuchsperiode wurde das Verkehrsverhalten mittels Videoaufzeichnungen aufgezeichnet und ausgewertet. Die Ergebnisse des Pilotversuchs hielt das Amt für Mobilität im Abschlussbericht fest und übergab diesen dem Bundesamt für Strassen zur Prüfung.
  3. Aufgrund der positiven Erfahrungen in Basel schickte der Bundesrat im Oktober 2018 neben weiteren Verordnungsanpassungen auch das freie Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende in die Vernehmlassung. Damit wird einem mehrmals geäusserten Bedürfnis der Städte Rechnung getragen. Es ist zu beachten, dass der Vorschlag für die Verordnungsanpassung keine generelle Erlaubnis für Rechtsabbiegen bei Rot vorsieht. Die Berechtigten dürfen nur dann bei rotem Licht rechts abbiegen, wenn neben dem roten Licht die vorgesehene Signaltafel montiert ist. Gestützt auf die Erfahrungen der Pilotversuche in Basel werden in der Verordnung verschiedene Voraussetzungen formuliert, die erfüllt sein müssen, damit die Vollzugsbehörden diese Signaltafel montieren dürfen.
    Die Vernehmlassung hat am 10. Oktober 2018 begonnen und dauert bis 25. Januar 2019. Sollte die Vernehmlassung positiv verlaufen, könnte die neue Regelung für die Velofahrenden am 1. Januar 2020 rechtskräftig werden.

Finanzierung

Die Arbeit für die Pilotversuche erfolgte zu einem grossen Teil amtsintern.

Marketing

Mit einer Medienorientierung zu Beginn der Pilotversuche machte das Amt für Mobilität die Bevölkerung auf das Projekt aufmerksam. Bei wichtigen Meilensteinen gab es Medienmitteilungen. Ausserdem informierte seit Beginn der ersten Versuchsreihe eine Website über den Stand der Pilotversuche.

Die bfu, die den Versuch begleitete, empfiehlt Gemeinden zusammen mit der Einführung der Massnahme eine grossangelegte Öffentlichkeitsarbeit zu starten. Im Rahmen einer solchen Kampagne kann auf das neue Signal aufmerksam gemacht werden. Zudem muss den Velofahrenden klar vermittelt werden, dass sie trotz des Zu-satzsignals gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern, die Grün haben, keinen Vortritt haben.

Weitere Informationen

Weiterführende Links:

Kontaktadressen und Bezugsquellen:

Kanton Basel-Stadt
Amt für Mobilität
Verkehrssteuerung
Markus Störr
Dufourstr. 40
CH-4001 Basel
Tel. 061 267 85 56
markus.stoerr@bs.ch

Bundesamt für Strassen ASTRA
Abteilung Strassennetze
Langsamverkehr
Urs Walter
Mühlestrasse 2
CH-3063 Ittigen
Tel. 058 463 42 86

Fragen Sie auch die Vertreter von Mobilservice Praxis Ihres Kantons um Rat.

Verantwortlich für die Ausarbeitung dieses Praxis Beispiels:

Büro für Mobilität AG
Hirschengraben 2
CH-3011 Bern
Tel. 031 311 93 63
mail@bfmag.ch

Dokumente

Dokumente auf Deutsch

Dokumente auf Französisch