Einwohnergemeinde Zuchwil
Zuchwil (SO)
Erstellt am 28.11.2018
Als „Energiestadt GOLD“ setzt sich die Einwohnergemeinde Zuchwil unter anderem aktiv für eine nachhaltige und effiziente Mobilität ein. Sie fordert von den ansässigen Unternehmen ein aktives Mobilitätsmanagement und hat dafür nötige Rahmenbedingungen geschaffen. Gleichzeitig will sie aber auch in der eigenen Verwaltung vorbildlich agieren und hat dazu nach einer Analyse der betrieblichen Mobilität entsprechende Massnahmen verabschiedet und das Mobilitätsmanagement in der Verwaltung verankert.
Online Version: https://www.mobilservice.ch/de/2057.html
Profil & Eckdaten
zugeordnete Tags/Schlagwörter
Unternehmensgrösse
- mittel (50 bis 249 MA)
Anstoss
- Aus eigenem Antrieb
Ausmass
- Betriebsübergreifend
Managementsystem
- Eigenständiges Mobilitätsmanagementsystem (MMS)
Raumtyp
- Agglomeration
Unternehmensbranche
- Öffentliche Verwaltung
Hintergrund
Tätigkeit des Unternehmens
Die Einwohnergemeinde Zuchwil ist seit 2004 Energiestadt und seit 2016 stolze Besitzerin des Labels „Energiestadt GOLD“. Die Gemeinde setzt sich für eine nachhaltige, umweltgerechte, wirtschaftliche und sozial verträgliche Entwicklung ein. Sie fördert im Rahmen ihrer Möglichkeiten den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen in Anlehnung an die nationalen und kantonalen Bestrebungen sowie die Reduktion des CO2-Ausstosses. Im Jahre 2015 wurde das Gemeindeleitbild mit dem 2000-Watt-Konzept erweitert. In der Gemeindeverwaltung sind inklusive Schulen und Spitex-Dienste insgesamt 250 Mitarbeitende beschäftigt, davon jedoch eine grössere Anzahl Kleinstpensen.
Standort / Rahmenbedingungen
Zuchwil liegt im Bezirk Wasseramt, östlich der Energiestadt Solothurn und ist bevölkerungsmässig die viertgrösste Gemeinde des Kantons Solothurn. Ca. 60 % der Mitarbeitenden wohnen in Zuchwil oder in der näheren Umgebung.
LV
Zuchwil ist gut an das Velowegnetz angebunden. Die Gemeindeverwaltung hat Anschluss an zwei nationale, eine regionale und eine lokale Veloroute. Die Fusswege von den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs sind durchgängig.
ÖV
Der nächstgelegene Bahnhof ist in Solothurn, ca. 1.5 km entfernt. Es bestehen Verbindungen im Halbstundentakt nach, Zürich und Lausanne bzw. Genf und im Viertelstundentakt nach Bern, Grenchen, Biel und Olten. Vom Bahnhof Solothurn verkehren vier Buslinien nach Zuchwil.
MIV
Die Distanz zum nächsten Autobahnanschluss beträgt 1.2 km. Bei allen öffentlichen Gebäuden bestehen gebührenpflichtige Parkplätze für Mitarbeitende, auf dem ganzen Gemeindegebiet werden die öffentlichen Parkplätze flächendeckend bewirtschaftet.
Ausgangslage / Motivation
Verschiedene Aspekte waren für die Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements in der Gemeindeverwaltung Zuchwil ausschlaggebend:
- Das Engagement als Energiestadt GOLD fordert vielfältige Aktivitäten in allen Bereichen. Die Gemeinde wollte deshalb das Thema Mobilitätsmanagement stärker in den Legislaturzielen und der Planung verankern.
- Die Gemeinde ist Träger des Programms Mobilitätsmanagement in Unternehmen von EnergieSchweiz. Sie plant, von den ansässigen Unternehmen ein aktives Mobilitätsmanagement zu fordern und will aus diesem Grund auch in der eigenen Verwaltung vorbildlich agieren.
- Mit Massnahmen des Mobilitätsmanagements sollen auch Aspekte der Gesundheitsförderung abgedeckt werden.
- Zuchwil fördert im Rahmen ihrer Möglichkeiten den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen und möchte diesem Anspruch mit konkreten Massnahmen gerecht werden und dieses Engagement gegen aussen sichtbar machen.
Massnahmen
Stand: 2018
Mobilitätsmanagementsystem
Seit 2016 erarbeitet die Gemeinde Zuchwil unterschiedliche Massnahmen zum Mobilitätsmanagement und verankerte dieses unter anderem im Leitbild und in der Legislaturplanung. Die Mobilitätsmassnahmen sind in das Managementsystem Energiestadt integriert.
- Vorgehen: (1) Analyse der betrieblichen Mobilität (Inputberatung) (2) Mobilitätsbefragung der Mitarbeitenden (3) Verfügbarkeit/Qualität ÖV, Erschliessung Fuss/Velo (4) Erarbeitung von Massnahmenvorschlägen (5) Schrittweise Umsetzung.
- Betreuung, Weiterentwicklung und Controlling durch Energiestadt-Koordinator.
- Zusammenarbeit mit dem Mobilitätsprogramm so!mobil, regelmässiger Austausch mit anderen Energiestädten und dem Kanton.
- Ziel bis 2020: Mit einem neuen Spesenreglement soll unter anderem eine Halbierung der Spesen für Dienstfahrten mit dem privaten Auto erreicht werden.
Bauliche Massnahmen
- Die Gemeinde verlangt im Rahmen des Nutzungsplanverfahrens ein Energie- und Mobilitätskonzept. In den Sonderbauvorschriften werden explizite Aussagen zur Parkierung und Verkehr gemacht. (umgesetzte Massnahme)
- In den nächsten 6 Jahren sollen an zentralen, wichtigen Standorten der Gemeinde neun kundenfreundliche Elektroladestationen gebaut werden. Eine Ladestation wurde 2017 beim Gemeindezentrum realisiert. (umgesetzte Massnahme)
- Die Veloabstellanlage beim Gemeindehaus soll erweitert und modernisiert werden (nicht umgesetzt)
Organisatorische Massnahmen / Anreize
- Im Rahmen des Parkraumkonzeptes werden die Gebühren für die Parkierung erhöht und zweckgebunden für Langsamverkehrsmassnahmen eingesetzt. (umgesetzte Massnahme)
- Das Spesenreglement wird im Rahmen der DGO-Revision überprüft und angepasst, mit dem Ziel Fahrten mit dem MIV und damit zurückgelegte Kilometer zu reduzieren. (umgesetzte Massnahme)
- Für Dienstfahrten innerhalb des Gemeindegebietes muss das Velo oder E-Bike benutzt werden, die Vergütung von Dienstfahrten mit dem ÖV und dem Velo wird angepasst. Zusätzlich soll eine Spesenerhebung über die letzten Jahre durchgeführt werden. (umgesetzte Massnahme)
- Die Mitarbeitenden haben mit Unterstützung der Gemeinde die Chance ein vergünstigtes E-Bike zu beziehen. (umgesetzte Massnahme)
- Die Gemeinde hat insgesamt sechs Elektrovelos als Dienstfahrzeuge beschafft, drei für die Spitex und drei für die Verwaltung. Zu jedem Velo stehen entsprechende Sicherheitsausrüstung und ein Regenschutz zur Verfügung. (umgesetzte Massnahme)
- Die Gemeinde Zuchwil macht jedes Jahr mit vier bis sechs Teams bei der Aktion „bike to work“ mit. (umgesetzte Massnahme)
- Lobbyarbeit beim Kanton für bessere öffentliche Verkehrsangebote. (umgesetzte Massnahme)
- Das vorhandene Mobility Carsharing-Auto am Standort beim Gemeindehaus soll durch einen vereinfachten Zugang und verstärkte Information der Mitarbeitenden vermehrt für Dienstfahrten genutzt werden. (nicht umgesetzt)
- Ein weiteres Elektro-Mobility-Fahrzeug soll am Standort beim Gemeindehaus verfügbar sein. (nicht umgesetzt)
- Es werden wiederkehrend vergünstigte EcoDrive-Kurse für Mitarbeitende angeboten. Werkhofmitarbeitende nehmen kostenlos an den Kursen teil. (umgesetzte Massnahme)
- Jährlich wird ein Mobilitätsjackpot durchgeführt: Alle Mitarbeitende, die nicht mit dem Auto zur Arbeit gekommen sind, können während einem Monat täglich einen Geldpreis gewinnen. (umgesetzte Massnahme)
Information und Bewusstseinsbildung
- Die Gemeinde Zuchwil gibt über das Programm so!mobil allen Neuzuzügern ein Mobilitätsset mit Informationen und Gutscheinen ab. (umgesetzte Massnahme)
- Die Mitarbeitenden werden regelmässig über den internen Newsletter auf Aktionen (z.B. vergünstigter Kauf eines E-Bikes, „bike to work“, etc.) und Organisatorisches (z.B. Nutzung Mobility) aufmerksam gemacht. (umgesetzte Massnahme)
- Die Gemeinde Zuchwil bietet den lokalen Unternehmen eine kostenlose Inputberatung für Mobilitätsmanagement in Unternehmen an. Im Nutzungsplanverfahren werden die Unternehmen auf das Angebot aufmerksam gemacht. (umgesetzte Massnahme)
- Die Gemeinde bietet den Schulen via so!mobil aktiv die Durchführung eines kostenlosen Mobilitätsunterrichts an. (umgesetzte Massnahme)
- Mobilitätswebsite www.so-mobil.ch (umgesetzte Massnahme)
Wirkungen
Verkehr
- Gemäss einer Mitarbeitenden-Umfrage 2016 legten die befragten Mitarbeitenden nach eigenen Angaben 68 % der Dienstfahrten im privaten Auto zurück und 8 % mit dem Auto der Gemeinde.
- Die Nutzung des Mobility Carsharing-Fahrzeugs in der Gemeinde ist gestiegen, für Dienstfahrten durch die Gemeindeverwaltung wurde es allerdings zu wenig genutzt. Die Entschädigung über das aktuelle Spesenreglement bot bis heute wenig Anreiz dazu.
- Seit der Anschaffung der E-Bikes wurden bedeutend mehr Dienstfahrten mit dem Velo zurückgelegt. Gemäss jährlichem Controlling sind die E-Bikes sehr stark ausgelastet und die Anschaffung weiterer E-Bikes wird in Betracht gezogen.
- In der Verwaltung betrug der Modalsplit für den Arbeitsweg 2016 gemäss der Umfrage: MIV 50%, LV 31.5%, Elektrovelo 6%, ÖV 8%, k.A. 4.5%.
- Knapp die Hälfte der Befragten hat einen Arbeitsweg von weniger als 5 km. Distanzen von bis zu 5 km können gut mit dem Velo oder Elektrovelo zurückgelegt werden. Ein Viertel (im Sommer) bis die Hälfte (im Winter) der Befragten legt diese Distanz mit dem Auto zurück.
- Seit der Umsetzung der Massnahmen legen ca. 20 % mehr Mitarbeitende ihren Arbeitsweg mit dem ÖV oder dem Velo zurück.
- Die Umfrage ergab, dass eine grosse Anzahl an Dienstfahrten mit dem privaten Auto von der Spitex absolviert wurde. Diese Fahrten könnten teilweise mit E-Bikes oder elektrischen Lastenrädern absolviert werden. Ein möglicher positiver Nebeneffekt wäre die Reduktion der mit dem Auto zurückgelegten Arbeitswege.
- Aktionen wie „bike to work“ und Mobilitätsjackpot werden von den Mitarbeitenden positiv wahrgenommen und bieten deutliche Anreize für die Nutzung des Langsamverkehrs. 2018 haben fünf Teams mit insgesamt 20 Mitarbeitenden bei „bike to work“ mitgemacht. Zukünftig sollen noch mehr Abteilungen der Gemeinde an der Aktion teilnehmen.
Umwelt
- Die aufgrund der Mitarbeitenden-Umfrage ausgerechneten Emissionen betrugen 2016 für den Pendlerverkehr 5'610 t/Monat CO2-eq und für den Dienstverkehr 2'460 t/Monat CO2-eq. Diese Angaben umfassen nur die Emissionen der 132 befragten Personen.
- 2018 wurden bei der Aktion „bike to work“ 596 kg CO2 eingespart.
Finanzen
- für die Erstellung der Elektrotankstellen sind pro Jahr CHF 40'000 geplant
- wiederkehrende Aktionen kosten die Gemeinde ca. CHF 2’000 (Mobilitätsjackpot, „bike to work“, Mobility)
- einzelne Beschaffungen (E-Bikes, weiteres) wurden mit CHF 6’000 budgetiert
Gesellschaft
- Die Erhöhung der Parkgebühren wird von den Benutzern verstanden und akzeptiert.
- Das geplante neue Spesenreglement (Minimierung MIV) wird jedoch stark diskutiert.
Erfahrungen
Erfolgsfaktoren
- Einbindung in den Energiestadtprozess, klare Verantwortlichkeiten
- Die Einführung von E-Bikes für Dienstfahrten bei der Spitex und bei der Verwaltung war ein grosser Erfolg und sehr beliebt.
- Die Fahrspesen für Dienstfahrten sind moderat zurückgegangen, besonders im Sommer.
- Massnahmen-Mix als Ganzes
- Unterstützung durch Politik
- Mitgliedschaft beim Mobilitätsprogramm so!mobil, Austausch mit den anderen Städten und Gemeinden
Hemmnisfaktoren
- Gewohnheiten bei der Verkehrsmittelnutzung
- Noch zu wenige Anreize für Verhaltensänderung
- Bei kaltem und nassem Wetter werden weniger Dienstfahrten mit dem E-Bike zurückgelegt.
- Abonnemente des öffentlichen Verkehrs werden bis jetzt nicht pauschal von der Gemeinde finanziell unterstützt.
Auszeichnung
- 2014 wurde die Gemeinde Zuchwil im Rahmen der Umfrage PRIX Velostädte auf Platz 4 der velofreundlichsten Städte gewählt.
Weitere Informationen
Dieses Unternehmensbeispiel wurde in Anlehnung an die Beispiele der SVI-Studie 2004/045 „Mobilitätsmanagement in Betrieben: Motive und Wirksamkeit“ durch das Programm so!mobil erarbeitet (2018). Die Angaben basieren auf der Umfrage „Mobilität in der Gemeindeverwaltung Zuchwil 2016“, den dort empfohlenen Massnahmenvorschlägen, den Legislaturzielen 2017-2012 der Gemeinde Zuchwil sowie den dazugehörigen Leitsätzen. Die Aufbereitung und Übersetzung des Beispiels wurde mit der Unterstützung durch den Kanton Solothurn ermöglicht.
Weiterführende Links:
- Einwohnergemeinde Zuchwil: www.zuchwil.ch
- Download der SVI-Studie 2004/045 "Mobilitätsmanagement in Betrieben Motive und Wirksamkeit"
- Programm Mobilität von EnergieSchweiz für Gemeinden:www.mobilitaetsmanagement.ch
- Mobilitätsprogramm so!mobil des Kantons Solothurn: www.so-mobil.ch